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Auf der Suche nach der Goldader

Die Zeiten flotten Wachstums in der Papierindustrie sind lange vorbei. Die Hersteller und Großhändler suchen nach Themen, um in der Flaute Wind in ihre Segel zu bekommen. „Nachhaltigkeit“ interpretiert jeder auf seine Weise.

Office-Papiere sind für die Büroarbeit weiter so unverzichtbar wie Bürostühle. Aber der Bedarf hat eine Sättigungsgrenze erreicht: Die Deutschen kaufen und verbrauchen unverändert viel Papier, insgesamt gut 270 Kilogramm sind es laut WWF pro Kopf im Durchschnitt. Entsprechend produzieren die Papierhersteller seit zehn Jahren auf einem unverändert hohen Niveau. Aber letztendlich heißt der wichtigste Trend Stagnation: Die Zeiten deutlicher Wachstumsraten in der europäischen Papierindustrie liegen Jahre zurück.

Preisstabilität jenseits der reellen Kostenentwicklung: schwierige Situation für Hersteller
Preisstabilität jenseits der reellen Kostenentwicklung: schwierige Situation für Hersteller

Das verbliebene Wachstumsthema der Branche heißt „Nachhaltigkeit“ und jeder Hersteller interpretiert es auf seine Weise. Der Papiergroßhändler Papyrus konnte im Jahresvergleich mit umweltverträglicheren Papieren immerhin ein deutliches Wachstum von fünf Prozent erzielen.

In einem größtenteils stagnierenden und teilweise sogar rückläufigen Markt werden die Spielräume für alle enger. Zudem sind trotz steigender Herstellungskosten die Endverbraucherpreise erstaunlich konstant geblieben. Eine Auswertung von IntelliCat für drei ausgewählte Papiersorten der beiden Globals Viking und Otto Office belegt Preisveränderungen in den zurückliegenden Jahren nur um wenige Cent. „Bei den umkämpften 80-Gramm-Sorten war eine Preiserhöhung in den vergangenen Jahren für Handel und Industrie nicht möglich, bei exotischeren Sorten schon eher“, erklärt Claus Meister von IntelliCat. Beispielsweise konnte Versandhändler Printus den Preis für den „Exoten“ Moderationspapier in den letzten sechs Jahren um durchschnittlich 3,13 Prozent jährlich erhöhen. Bei den Standardpapieren war das unmöglich, dabei würden die Produzenten ihre gestiegenen Herstellungspreise gerne weiterreichen. Der Markt toleriert es nicht, und so klagen sie immer wiederkehrend über die aus ihrer Sicht exorbitant steigenden Preise für Rohstoffe und Energie.

Hersteller in der Klemme

Allein die Zellstoffpreise stiegen um fast 70 Prozent, die Kosten für Altpapier um rund 80 Prozent, so dass sich die Herstellungskosten im Durchschnitt um zirka 20 Prozent erhöht haben, stellte der Verband der Deutschen Papierindustrie fest. Auch bei den Energiepreisen gibt es immer nur neue Rekordmeldungen: Der Bundesverband des Deutschen Papiergroßhandels errechnete im Durchschnitt einen Anstieg der Energiepreise um elf Prozent. Die Transportkosten legten um sechs Prozent zu. Der Rohölpreis war im Laufe des Jahres 2010 von 70 auf 90 US-Dollar, also um 30 Prozent angestiegen. Auf solche Preissteigerungen reagiert die Branche unter anderem mit Werksschließungen. Zudem suchen die Hersteller ihr Heil im Aufbau neuer Geschäftsfelder. Außerdem ist das Einsparen von Energie und Rohstoffen für die Papierindustrie ein Dauerbrenner, um die Kosten zu senken. Immerhin sind das auch Themen, die gut zum aktuellen Mega-Trend „Nachhaltigkeit“ passen. Für die Verbesserung der Umweltbilanz haben die Hersteller unterschiedliche Ansätze gefunden: Recycling, CO2-Kompensation durch Ausgleichszahlungen sowie neue Produktionsverfahren.

Ein Papier aus bereits genutztem Papier herzustellen, spart im Vergleich zum Papier aus Frischfaser 83 Prozent Wasser, 72 Prozent der eingesetzten Energie und 46 Prozent der Luftemissionen, betont der Recyclingpapier-Hersteller Steinbeis Papier. Das klingt beeindruckend, es lässt aber außer Acht, dass auch einmal das Altpapier unter Einsatz von Energie und Rohstoff gewonnen werden musste.

Inzwischen ist vollständig CO2-neutrales Papier auf dem Markt (zum Beispiel Mondi „Color Copy“). Da es eine wirklich klimaneutrale Papierproduktion nicht gibt, wird das in der Produktion anfallende CO2 durch freiwillige Investitionen des Herstellers in Klimaschutzprojekte „gutgeschrieben“. Auf diese Weise werden größtenteils Beiträge für Umwelt- und Klimaschutz in Ländern der Dritten Welt geleistet. Kompensationen haftet allerdings ein grundsätzlicher Makel an: Hierbei wird nur durch Zahlung eines Zusatzbeitrags das Produkt „nachhaltiger“ gemacht. Überzeugender ist da schon der Ansatz, die Papierproduktion durch neue technische Verfahren Ressourcen schonender zu machen. Beim finnischen Konzern M-real etwa wird für das „Save“-Papier der Zellstoff durch BCTMP ersetzt, durch „bleached chemothermal mechanical pulp“, speziell thermisch vorbehandelten Zellstoff. Dadurch können der Einsatz von Holz und Energie pro Tonne produziertem Papier um rund ein Fünftel gesenkt werden. Auch verbraucht dieser Produktionsprozess rund 38 Prozent weniger Wasser. Das Papier mit einem Flächengewicht von 65 g/m2 hat die Naturschutzorganisation WWF in ihrem Bewertungssystem „Paper Scorecard“ mit 90 von 100 Punkten eingestuft.

Produktionsmenge für holzfreies Kleinformatpapier in Deutschland: Sättigung erreicht
Produktionsmenge für holzfreies Kleinformatpapier in Deutschland: Sättigung erreicht

Umweltsiegel und Informationen zu den Umweltvorteilen eines Papiers werden wichtiger. Der Papiergroßhändler Papier Union hat mit dem „Enviro Performance Indicator“ ein Bewertungssystem eingeführt, mit dem der Kunde schnell einen Überblick über die Umwelteigenschaften der Produkte gewinnen kann. Es orientiert sich an den höchsten Standards bei der Zellstoff- und Papierproduktion.

Ergänzt wird das System durch Angaben zu Qualitäts- und Umweltlabeln für das betreffende Papier. „Verbraucher und Einkäufer bekommen so ein einfaches, praktisches und aussagekräftiges Werkzeug zur umfassenden ökologischen Bewertung des Papiers in die Hand“, erklärt Wischmann, Leiter Marketing Office bei der Papier Union in Hamburg.

Umweltzeichen

Der Markt der „nachhaltigen“ Papiere ist gewachsen. Kaum ein hochwertiges Markenpapier, das heute ohne ein Umweltzeichen auskommt:

• FSC-Logo und PEFC-Logo weisen auf eine nachhaltige Holzgewinnung hin

• das „Eco Label“ („EU-Blume“) gewinnt an Bedeutung, es definiert Umweltstandards bei Rohstoffeinsatz und Produktion (Chemikalieneinsatz, Emissionen, usw.)

• der „Blaue Engel“ bescheinigt 100 Prozent Recyclingpapier,

• „TCF“, das heißt chlorfrei gebleicht, spielt inzwischen keine Rolle mehr, weil die modernen Anlagen beim so genannten AOX-Wert weit unter dem Grenzwert liegen.

www.vdp.de

www.wwf.dewww.wwf.de

www.papierunion.de

www.papyrus.com

www.steinbeis-papier.de

www.verband-papiergroßhandel.de

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