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Gesundheit nur Nebensache?

Trotz hoher Kosten für Arbeitsunfähigkeit sind bei der Beschaffung Preis und Design zumeist wichtiger als ergonomische Gesichtspunkte, so Jörg Feldmann, Sprecher der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).

Herr Feldmann, warum ist Thema Gesundheit am (Büro)-Arbeitsplatz nach wie vor ein wichtiges Thema für viele Unternehmen?

„Bei der Auswahl von Arbeitsmitteln ist es auch sinnvoll, die künftigen Nutzer einzubeziehen“, meint der Arbeitsmediziner Jörg Feldmann.
„Bei der Auswahl von Arbeitsmitteln ist es auch sinnvoll, die künftigen Nutzer einzubeziehen“, meint der Arbeitsmediziner Jörg Feldmann.

Mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze in Deutschland befinden sich im Büro. Schätzungen gehen von rund 18 Millionen Büroarbeitern aus. Allein Arbeitsunfähigkeit führte 2009 zu einem Produktionsausfall anhand der Lohnkosten von etwa 43 Milliarden Euro. Durchschnittlich sind das rund 160 Euro pro ausgefallenen Arbeitstag. Insgesamt fiel 2009 jeder Beschäftigte zwölf Tage krankheitsbedingt aus. Hinzu kommen Kosten, wenn sich beispielsweise Arbeiten verzögern oder liegen bleiben und Vertretungen eingearbeitet werden müssen. Lang- und mittelfristig gesehen spielt zudem der demografische Faktor eine immer größere Rolle.In vielen Unternehmen finden sich alternde Belegschaften. Zugleich rücken immer weniger junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt nach. Entsprechend stehen diese Unternehmen vor der Herausforderung, ihre Beschäftigten möglichst gesund und arbeitsfähig zu erhalten. Da sich die Lebensarbeitszeit künftig verlängern wird, sollten sich diese Anstrengungen nicht nur auf die Älteren beschränken. Eine gesunde und ergonomische Einrichtung des Büroarbeitsplatzes, aber auch die Arbeitsorganisation und betriebliche Gesundheitsförderung sind deshalb hochaktuelle Themen für die Betriebe.

Betrachtet man einen Büroarbeitsplatz: Wo sehen Sie hier die wesentlichen Ansatzpunkte für den Arbeits- und Gesundheitsschutz?

Büroarbeiter begeben sich laut Erwerbstätigenbefragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) insbesondere wegen Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich (27,6 Prozent), Schmerzen im unteren Rücken und Kreuz (23,8 Prozent), Augenbeschwerden (12 Prozent) und Kopfschmerzen (11,8 Prozent) in ärztliche Behandlung. Neben Termin- und Leistungsdruck liegt die Ursache vor allem im Bewegungsmangel am Schreibtisch. Grundsätzlich sollte der Arbeitsplatz die Forderungen der Bildschirmarbeitsplatzverordnung erfüllen. Zusätzlich muss jedoch mehr Bewegung ins Büro gebracht werden. Ideal sind höhenverstellbare Tische, an denen auch mal im Stehen gearbeitet werden kann oder Stühle, bei denen sich Rückenlehne und Sitzfläche mitbewegen. Bei älteren Beschäftigten kann eine Brille die Arbeit am PC erleichtern. Darüber hinaus ist Büroluft oft zu trocken. Die Luftfeuchtigkeit sollte mindestens 50 Prozent betragen.

In welchen Segmenten besteht bei Unternehmen erhöhter Beratungsbedarf?

Leider stehen Preis und Design bei der Beschaffung häufig noch vor ergonomischen Gesichtspunkten. Aspekte des Arbeitsschutzes wie Lautstärke von Bürogeräten und PC oder Blendungen durch glänzende Bildschirme oder Gehäuse bleiben auf der Strecke. Zwar mag ein Bürostuhl, der dynamisches Sitzen zulässt, teurer als ein einfaches Modell sein, angesichts hoher Ausfallkosten hat er sich jedoch schnell amortisiert. Bei der Auswahl von Arbeitsmitteln, insbesondere dem Mobiliar, ist es auch sinnvoll, die künftigen Nutzer einzubeziehen. Nicht zuletzt schlägt sich diese Wertschätzung der Mitarbeiter in der Wertschöpfung des Unternehmens nieder.

www.baua.de

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