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Neue Bürokonzepte – und die Folgen für den Fachhandel

Über die Strukturveränderungen im Büromöbelmarkt hat sich Thomas Grothkopp, Geschäftsführer des Handelsverband Bürowirtschaft und Schreibwaren (HBS) seine Gedanken gemacht. Reiner Produkt­verkauf sei keine Zukunftsperspektive, „Beratung und Dienstleistung“ lautet sein Credo.

Gut aufgestelltes, Quality-Office-zertifiziertes Fachhandelsunternehmen: Blick in die Ausstellungsräume von Kirsch & Lütjohann im Hamburger Stilwerk.
Gut aufgestelltes, Quality-Office-zertifiziertes Fachhandelsunternehmen: Blick in die Ausstellungsräume von Kirsch & Lütjohann im Hamburger Stilwerk.

Die Umsatzzahlen des Büro- und Objekteinrichtungshandels erreichten im vergangenen Jahr in etwa dieselbe Höhe wie noch in 2011: „Im Jahr 2013 ist mit einem Rückgang der Bestelltätigkeit zu rechnen.

Beratungstätigkeiten werden diese Lücke nicht vollständig auffüllen können, von Einzelkonjunkturen an regionalen Sonderstandorten abgesehen“, prognostiziert der HBS-Geschäftsführer Thomas Grothkopp. Die Branche reagiere sensibel auf äußere wirtschaftliche Einflüsse, ohne gravierende Ereignisse werde ein eventuell zwei Jahre dauernder Umsatzrückgang mit weicher Landung eingeleitet werden.

Neben den „Dauerstress“-Faktoren, die durch die Abhängigkeit von Wirtschaftszyklen begründet sind, hat Thomas Grothkopp weitere allgemeine Entwicklungen identifiziert, „die entscheidenden Einfluss auf die Wirtschaftszahlen der Branche in den nächsten Jahren haben werden.“ Der Fachhandel arbeite eng mit den Herstellern zusammen, „der größte Hersteller im Sortiment macht oftmals 40 bis 50 Prozent des gesamten Umsatzes aus. Diese starke vertikale Abhängigkeit erzeugt eine langfristige Bindung bei Produkten, die nur in langen Zyklen bei den Kunden erneuert werden“, führt Grothkopp weiter aus. Umso wichtiger sei dabei die gegenseitige Marktpositionierung von Handel und Industrie.

Neue Situation nach dem Abschwung von 2009

Doch seit dem letzten konjunkturellen Abschwung 2009 habe sich die Situation geändert: Die Hersteller gingen selbst vermehrt in kleinere Projekte mit B-Kunden und nähmen mit ihren Produktpreisen und Rahmenverträgen dem konkurrierenden Handel die Chance auf ein adäquates Angebot, das die Vergütung der Beratungsleistungen kalkuliert. „Damit wird jedoch die Repräsentation in der Fläche gefährdet, denn nur der Handel ist dauerhaft vor Ort bei kleineren Kunden präsent“, befürchtet Thomas Grothkopp, denn: „Ein Ausgleich dieser verloren ge­gangenen Margen findet nur begrenzt statt, dies zwingt den Handel zur Neuorientierung.“

Thomas Grothkopp
Thomas Grothkopp

Als wesentlichen Wertschöpfungsfaktor hat er das Beratungsgeschäft für den Handel ausgemacht, was aber nur in Verbindung mit dem Hardware-Verkauf funktionieren könne. „Im Wettbewerb zu unab­hängigen reinen Beratern, die sich ganz auf die Projektentwicklung konzentrieren, haben beratende Händler keine Chance, denn sie müssen ihre vorgehaltene Leistung für Logistik und Service dauerhaft verdienen“, erklärt Grothkopp, dessen Glaube an eine gemeinsame Zukunft von Büromöbel-Herstellern und unabhängigen Händlern durch diese Entwicklungen schwindet: „Die Zahl der Fachhändler nimmt weiterhin ab, momentan sind rund 700 Unternehmen mit schätzungsweise 7000 Mitarbeitern am Markt tätig. Eine Zunahme Herstellergesteuerter Handelshäuser, analog zur Entwicklung im Kfz-Bereich, ist zu erwarten“, so der Experte.

Weil sich der Handel immer wieder als unverzichtbarer Marktteilnehmer profilieren müsse, was nicht alle Händler könnten, werde die Konzentration im Markt beschleunigt. „Reiner Produktverkauf“ sei keine Zukunftsperspektive, „Beratung und Dienstleistung“ lautet seit Jahren das Credo des Handelsverbands. Für eine gute Beratung ist aber viel Vorwissen notwendig – die Verbände der Branche arbeiten daher bei der Weiterbildung eng zusammen. „Die Anforderungen an das beratende Personal steigen und gewinnen eine höhere Priorität bei Kundengesprächen. Hier finden Handel und Hersteller wieder zusammen, denn die umfassende Beratung ist somit schwerpunktmäßig beim Handel gesetzt“, findet Thomas Grothkopp. Der Handel müsse dennoch seine „Hausaufgaben“ machen und seine Provisionsmodelle anpassen: „Solange die unentgeltliche Zusage für Service- und Be­ra­tung­s­leis­tung­en bei Neuaufträgen nicht nachteilig für den Vertrieb ist, wird dieser Arbeitsaufwand, der für hohe interne Kosten sorgt, falsch bewertet“.

Und auch bei der Einrichtung von Büros gibt es Veränderungen: Durch die Zunahme von Kommunikation sei der Wunsch nach offeneren Konzepten („Open Spaces“) keine Eintagsfliege. Grothkopp: „Lounges oder Club-Szenarios werden von Kunden nachgefragt. In der praktischen Ausgestaltung findet dies noch nicht sehr häufig Anwendung, jedoch ist der langfristige Trend damit gesetzt.“

Angetrieben durch die technischen und sozialen Entwicklungen der Büroarbeit stellen sich wieder Fragen, die bei stationären Dauerarbeitsplätzen weitgehend zufriedenstellend gelöst waren. Wo sind Steckdosen für alle mobilen Geräte? Wie funktioniert „Cloud Printing“ in der Realität der Gebäude und erst recht unterwegs? Diese Banalitäten erweitern den Kompetenzbedarf beim Handel weiter. Der HBS bereitet diese Themen vor, indem er sie auf einer Tagung auf der CeBIT 2013 und beim „2. Kongress Gute Büroarbeit“ Mitte Juni in Dresden zum Thema macht.

Die demographische Entwicklung der Bürobelegschaften ist klar, die Arbeitnehmer werden im Durchschnitt immer älter. Das Büro von morgen muss sich darauf einstellen: Bessere Büros für wählerische Mitarbeiter. Qualität von Raum und Hardware, individuelle Ge­stal­tungs­mög­lich­­kei­ten und funktionale Effizienz sind direkt raumbezogene Faktoren, die der beratende Handel beeinflussen kann. Darüber hinaus sind die Kriterien der „aktivierenden“ Büroarbeit ein mögliches Feld für qualifizierte Berater.

www.buerowirtschaft.info

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