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Ende der Durststrecke in Sicht?

Wer weniger druckt, braucht auch weniger Verbrauchsmaterialien. Und so kennen die Marktzahlen für die Orginalhersteller und Anbieter von wiederaufbereiteten Drucker-Supplies seit einigen Jahren nur eine Richtung – nach unten. Doch es gibt Zeichen für eine Trendwende.

Besserung in Sicht? Klone haben sich in Europa breit gemacht und schaden Fachhandel und Endkunden – und den OEM-Herstellern. (Foto: Thinkstock , 87327025)
Besserung in Sicht? Klone haben sich in Europa breit gemacht und schaden Fachhandel und Endkunden – und den OEM-Herstellern. (Foto: Thinkstock , 87327025)

Die Zeiten von Smartphone und Tablet-PC sind keine guten Zeiten für alle, die mit dem Drucken von Dokumenten ihr Geschäft machen. In einem wirtschaftlichen Umfeld, in dem Unternehmen auf die Kostenbremse drücken, gerät die Druckerinfrastruktur grundsätzlich in den Fokus. Zugleich machen die mobilen Devices, die einen permanenten Zugriff auf alle relevante Daten ermöglichen, unabhängiger von Papierdokumenten. Diese Entwicklung spürt auch der Markt für wiederaufbereitete Drucker-Supplies. Die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten liegen Jahre zurück. Einer der Hauptgründe sind aus Sicht des Etira-Verbandes jedoch die Klone aus Fernost (neuhergestellte Nicht-OEM-Kartuschen, die unter Verletzung von Patentrechten in den Markt gebracht werden), die europaweit mehr und mehr Marktanteile gewinnen, obwohl es sich um Produkt handelt, die nach Recht und Gesetz gar nicht auf den Markt kommen dürften (siehe unten).

Klagen gegen die Klon-Flut

Obwohl direkt betroffen, können die Anbieter patentrechtskonformer Toner wie beispielsweise KMP, Embatex oder Pelikan dem Treiben der patentrechtsverletzenden Konkurrenten wenig entgegensetzen, denn die Inhaber der Patente sind nicht sie selbst sondern die OEM-Hersteller. Einzelne Hersteller haben gegen Patentrechtsverletzer geklagt: Druckerhersteller HP etwa ging zu Jahresbeginn gegen den deutschen Importeur BestUse und im Nachbarland Polen gegen weitere Anbieter vor. Samsung hatte Ende 2013 einstweilige Verfügungen gegen sieben Händler in Deutschland erwirkt. Auch in den Niederlanden sind drei Klonanbieter verklagt worden. Und die Razzien des Zolls im Ausstellungsbereich remanexpo bei der Paperworld machen deutlich, wie massiv Klone derzeit in den Markt drängen.

Dabei gibt es mehrere Barrieren für die weitere Verbreitung der illegalen Nachbauten im Markt: das Know-how von Facheinzel- und Großhandel, der Klone erkennt, den Kunden hierzu informiert und sie bewusst nicht anbietet, die rechtlichen Folgen eines Verkaufs illegaler Produkte, die notorische Unzuverlässigkeit der Klone, die Sorge vor Schäden an der Hardware und die Vorgaben des Elektro- und

Elektronikgerätegesetzes, die den Importeur zu einer geordneten Entsorgung leerer Kartuschen verpflichten.

Erfahrungen von Händlern in Osteuropa zeigten eine Lernkurve, heißt es bei einigen Anbietern: Nachdem viele Kunden über Jahre bei den billigen Klon-Supplies zugegriffen (und schlechte Erfahrungen gemacht) haben, würde gerade aus diesen Märkten gezielt nach zuverlässigen Marken-Supplies gefragt, so ein erster Hoffnungsschimmer. In Deutschland scheinen viele Einkäufer durch die Anwesenheit von Klone jedoch noch stärker verunsichert: „Im Zweifel für das OEM-Produkt“, so lautet dann oftmals ihre Reaktion. Dabei ist und bleibt die Wiederverwendung gebrauchter Tonerkartuschen und Tintenpatronen sinnvoll, gilt sie doch als preiswerter als der Neubau – dieser Preisvorteil kann an den Kunden weitergegeben werden, und die Wiederverwendung ist ressourcenschonender als die Einmalverwendung von Kartuschen und deren anschließende Müllverbrennung oder Deponierung. Die Wiederverwertung unter Beachtung der Patentrechts ist daher im Sinne der Kreislaufwirtschaft und auch von Seiten der Politik erwünscht. Die Europäische Kommission hat sich – auch angestoßen durch die Interessenvertretung der Hersteller von wiederaufbereiteten Kartuschen, Etira – 2011 mit den Herstellern von Druckern in einer „freiwilligen Vereinbarung“ („Voluntary Agreement“) darauf verständigt, dass alle Druckerkartuschen so hergestellt sein müssen, dass sie das Recycling ermöglichen und nicht verhindern. Wenn die Druckerhersteller die neuen Regeln nicht respektieren, könnte diese freiwillige Vorgabe zur Verpflichtung werden.

Parallel hat die Europäische Kommission über neue Regeln für ein europaweit einheitliches EU-Ecolabel entschieden. Ende vergangenen Jahres wurden dazu Kriterien veröffentlicht: Ecolabel-Geräte müssen danach auch mit recycelten Toner- und Tintenkartuschen arbeiten und so konzipiert sein, dass Toner- bzw. Tintenkartuschen wiederverwendet werden können. Vorrichtungen und Verfahren, durch die eine Wiederverwendung verhindert werden soll (wie so genannte „clever chips“), dürfen nicht vorhanden sein oder angewandt werden. In der Bedienungsanleitung muss sich dann der folgende Passus finden: „Die Kartusche dieses Geräts ist für die Wiederverwendung ausgelegt. Es wird empfohlen, diese Kartusche der Wiederverwertung zuzuführen, da dies Ressourcen schont.“

Diese Initiativen der EU-Kommission und die Klagen der OEM-Hersteller gegen die Patentrechtsverletzungen machen der Etira Hoffnung, dass die Wiederverwertung von Toner- und Tintenkartuschen bald eine Renaissance erleben könnte: weil die Klone erfolgreich zurückgedrängt werden, die Wiederverwertung zum politisch gewünschten Standard in Europa wird – und der Handel mit illegalen Klone aus rechtlichen und wirtschaftlichen Gründen keine Perspektiven mehr bietet.

Nachgefragt ...

... bei Vincent van Dijk, Generalsekretär der Etira

Herr van Dijk, die EU will künftig die Wiederverwertung von Tonerkartuschen und Tintenpatronen stärker fördern. Dies sind langfristige Pläne. Ab wann rechnen Sie mit Auswirkungen auf die Nachfrageseite?

Die Pläne sind nicht langfristig, denn die EU hat darüber schon Beschlüsse gefasst. Die Einführung alle Maßnahmen wird jedoch in der Tat noch einige Zeit dauern. Aber bei die offentliche Auschreibungen erfahren unsere Mitglieder jetzt schon, dass mehr und mehr nach „remanufactured“ gefragt wird.

Wird Ihrer Einschätzung nach die Zahl ausgedruckter Seiten europaweit weiter abnehmen, unter anderem im Zuge der Einführung von Cloud-Services und Mobility-Strategien bei Unternehmen?

Nicht nur die Wiederaufbereiter, sondern auch die Orginalhersteller sind von diese Entwicklungen betroffen – und das vielleicht noch mehr als wir, weil die Druckkosten mit wiederaufbereiteten Kartuschen niedriger sind als die mit OEM. Aber dennoch sind dies für uns Herausforderungen, denen wir mit neuen Leistungen wie MPS, optimierte Druckinfrastruktur, usw. entgegentreten. Ein völlig papierloses Büro wird es aber niemals geben.

Was steht aus Sicht der Etira einer höheren Wiederverwertungsquote von Kartuschen heute im Weg?

Die Klone sind zweifellos das größte Hindernis. Wer sie kauft, erwirbt illegale Ware und nutzt Vollzugslücken bei Zoll und Polizei aus, um ein paar Euro zu sparen. Außerdem muss ein Produkt, das eigentlich mehrfach verwendet werden könnte, auf Kosten der Gemeinschaft entsorgt werden – ein unsoziales Verhalten.

Wie unterstützt die Etira den Facheinzel- und -großhandel bei der Beratung der Kunden zu Verbrauchsmaterialien?

Unser „Leitfaden zu Klonen“ ist ein sehr populäres Instrument, dass deutschlandweit genutzt wird. Es warnt vor den Risiken des Handels mit Klonen und erklärt, warum Wiederaufbereitung die „Preferred Option“ sein solte für jeden, der gut, preiswert und umweltfreundlich drucken möchte.

www.etira.org

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