Nicht unter Druck setzen lassen
- 16.06.2009
- Bürotechnik
- red.
Nicht aus den routinierten Abläufen bringen lassen, meint Nothnagel-Vertriebsleiter Frank Birk.Ganz schön gewundert haben sich Mitarbeiter und Geschäftsführung der Firma Nothnagel Kommunikationssysteme (NKS) mit Hauptsitz in Darmstadt. Der Fachhandelsbetrieb ist in der Rhein-Main-Region einer der größten Anbieter in den Geschäftsfeldern Büromaschinen, digitale Druck- und Kopiersysteme, Kommunikations- und Medientechnik, Büromaterial und EDV-Zubehör, Büromöbel, Officeeinrichtungen und Officeplanung. Der Darmstädter Fachhandelsbetrieb hatte Mitte Mai eine Anfrage aus England. Unbekannte wollten 1500 Druckerkartuschen mit einem Auftragsvolumen von rund 66 000 Euro bestellen. Auf den ersten Blick ein gutes Geschäft, doch: Verwunderlich nicht nur, weil Tonerkartuschen auch hierzulande nicht billiger sind als in Großbritannien. Dennoch will man sich natürlich einen Auftrag in dieser Höhe nicht durch die Lappen gehen lassen, und so vereinbarte Nothnagel Vorauskasse, klärte die Verpackungseinheiten und schrieb eine Rechnung. Erst seien die vermeintlichen Auftragsgeber freundlich gewesen und hätten versucht, Seriosität auszustrahlen, dann aber, als die Rahmenbedingungen vereinbart worden waren, hätten sie versucht, Druck aufzubauen, erzählt Frank Birk, Vertriebsleiter bei Nothnagel. Eine Auslandsüberweisung dauere zu lange, ob es nicht möglich sei, gegen eine Überweisungsbestätigung die Ware zu versenden, hätten die Auftraggeber gefragt, erinnert sich Birk.
Als dann schließlich per Fax eine Überweisungsbestätigung, angeblich von der Barclays Bank, kam, wurde man in Darmstadt stutzig. Das Logo wirkte verzerrt, und am unteren Rand des Geschäftsbogens fehlten sämtliche Angaben. Firmenjurist Thorsten Harnack griff zum Telefonhörer und kontaktierte die Deutschlandzentrale der Bank, die von dem Vorgang nichts wusste. Harnack schaltete die Polizei ein. Hier kennt man die Tricks der Betrüger bereits: Erst groß bestellen, nicht bezahlen und dann die ergaunerte Ware schwarz weiterverkaufen. Bei null Wareneinsatz können so Betrüger recht schnell ertragreiche Geschäfte machen. Die Betrüger agieren weltweit, weiß man bei der Polizei und rät: bei Bestellungen – insbesondere aus dem Ausland – auch tatsächlich abzuwarten, bis das Geld auf dem Konto ist, oder bei Überweisungsbestätigungen bei der deutschen Zentrale der Bank nachzufragen. Auch wenn der Empfänger alles für den Versand in die Wege geleitet habe, sei Vorsicht geboten, schließlich sei dies Aufgabe des Versenders. Vor allem aber rät die Polizei: nie unter Druck setzen lassen.
In Absprache mit der Polizei packten die Mitarbeiter zwei Pakete mit leeren Kartuschen, die sie per Kurier an die angegebene Adresse – einen Mobilfunkladen im englischen Essex – schickten. Ein paar Tage später kam dann ein Anruf, erzählt Brink. Was das denn soll, hätten die Betrüger gefragt. Die Kartuschen seien leer. Worauf man angeboten habe, die Pakete zurückzunehmen. Die Polizei erhofft sich hierdurch zumindest ein paar Fingerabdrücke. Bisher, so der Vertriebsleiter, ist aber noch nichts zurückgekommen. Ein bisschen enttäuscht ist Brink darüber, dass es keine Handhabe gegen solche Betrügereien gibt, da es in diesen Fällen keine Zusammenarbeit zwischen den englischen und den deutschen Polizeibehörden gibt. Der Fall beim Darmstädter Fachhandelsbetrieb ist „sicher kein branchentypisches Problem“, weiß der Vertriebsleiter. „Dies geschieht über alle Branchen hinweg.“ Anderen Händlern rät Brink, sich nicht aus den routinierten und gut organisierten Abläufen, die die meisten ja haben, bringen zulassen. Auch dann nicht, wenn mögliche Kunden mit lukrativen Geschäften locken und versuchen, einen unter Zeitdruck zu setzen.