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Hardcopy-Clones fluten den Markt

Der Verkauf von Tonerkartuschen zählt für viele Bürofachhändler zum Brot-und-Butter-Geschäft. Allerdings gefährdet die zunehmende Verbreitung illegaler Ware auf dem Markt sicher geglaubte Umsätze, warnt die Etira.

Christian Wernhart, Etira-Präsident und Vorstand von Embatex: Illegale Ware bedroht Hersteller und seriöse Fachhändler gleichermaßen.
Christian Wernhart, Etira-Präsident und Vorstand von Embatex: Illegale Ware bedroht Hersteller und seriöse Fachhändler gleichermaßen.

Auf der Paperworld inspiziert der Zoll alljährlich zu Messebeginn die Produkte der Aussteller auf Plagiate. Auch Tonerkartuschen zu plagieren, verheißt für die Fälscher einen Massenmarkt anzuzapfen und lukrative Geschäfte zu machen. Doch die Ware als „Original“ auszugeben und sich mit Größen wie HP oder Canon anzulegen, wagen längst nicht alle. Sie bringen ihre Kopien lieber als Recyclingprodukt in den Markt, denn die wiederaufbereitete Tonerkartusche gilt rechtlich als „zulässige Reparatur“. Daher geht es beim Thema „Clones“ vor allem um illegale Nachbauten: Sie sind deutlich billiger als legale Ware und findet daher immer häufiger den Weg zum Endkunden – und zwar nicht nur zum privaten Endkunden, sondern auch zu großen Behörden und öffentlichen Einrichtungen. Publik wurde beispielsweise der Fall der Stadt Düsseldorf, die im großen Stil auf angeblich recycelte Ware hereingefallen war. Selbst beim Deutschen Bundestag wurden illegale Nachbauten gefunden.

Wichtig zu wissen: Händler wie auch Einkäufer machen sich strafbar, wenn sie illegale Toner erwerben. Sie sind in der Pflicht, die Ware und ihren Lieferanten sorgfältig zu prüfen. Der „nächsthöheren“ Instanz blind zu vertrauen, ist fahrlässig. Weder darf sich der Fachhändler auf den Distributor verlassen, noch reicht es für den Einkäufer, auf seinen Händler zu verweisen. Europäische und nationale Gesetze schreiben vor, dass jeglicher kommerzielle Käufer, der patentverletzende Produkte einkauft, weiterverkauft oder besitzt, haftbar ist und auf Schadenersatz verklagt werden kann.

Auch wenn davon in der Tagespresse nicht so prominent berichtet wird wie über gefälschte Markenware im Bereich Zigaretten, Elektronik, Schuhe oder Mode – die Verbreitung illegaler Hardcopy-Clones hat in Europa Ausmaße angenommen, die Originalhersteller und die Produzenten legaler Recyclingware massiv schädigen. „Wenn man Süd- und Osteuropa mit einrechnet, dann geht der Anteil der Hardcopy-Klone in Europa schon in Richtung 50 Prozent“, schätzt Christian Wernhart, der Präsident der Etira, der Vereinigung europäischer Recycler von Tonerkartuschen und Tintenpatronen und zugleich Vorstand des Recycling-Anbieters Embatex. Hersteller wie Lexmark, Canon oder Samsung gehen regelmäßig mit Klagen gegen Händler und Unternehmen vor, die Patente verletzen. In neun von zehn Fällen reicht ein einziger Anwaltsbrief, um den Händler vom Handeln mit der illegalen Ware abzuhalten. Erst, wenn sich ein Händler weigert, geht der OEM-Hersteller mit gerichtlichen Schritten gegen den Händler vor und der Fall wird publik. Darüber hinaus droht Händlern illegaler Produkte auch Ärger mit dem Verband der Recyclingindustrie, der Etira, die Händler auf Schadensersatz wegen unlauterem Wettbewerb verklagen kann.

Je mehr sich illegale Produkte im Markt verbreiten, desto schwieriger wird das Geschäft für den seriösen Bürofachhändler. In Osteuropa beispielsweise werden Patenrechtsverletzungen von den Behörden offensichtlich nicht so nachhaltig verfolgt wie in Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Einsatz patentrechtsverletzender Produkte ist laut Etira in Osteuropa mittlerweile gang und gäbe: „Ganz abgesehen von den Risiken, welche die Händler dort auf sich nehmen, leidet der Markt insgesamt, weil durch die illegalen Produkte das Preisniveau so weit sinkt, dass legale Ware nahezu unverkäuflich wird.“ Die Händler gerieten geradezu in einen Teufelskreis, in dem der Wettbewerbsdruck sie zu rechtswidrigem Verhalten drängt.

Jeder Händler betroffen

Für den Bürofachhandel bedeutet der Handel mit Tonerkartuschen regelmäßige Umsätze. Die einen empfehlen ihren Kunden ausschließlich Originalware, andere bieten hochwertige „Marken“-Recyclingkartuschen an – vom Problem betroffen sind aber beide Händlergruppen. Denn es gibt sowohl Ware, die sich fälschlich als Originalkartusche ausgibt, wie auch die illegalen Neubauten von Kartuschen, die als „Recycling“ deklariert auf den Markt kommen. Während die legale Recyclingkartusche aus einer gesammelten, gereinigten, erneuerten und wiederbefüllten OEM-Kartusche besteht, wird die illegale Nachbau-Kartusche – einfacher und billiger – von Grund auf neu gebaut, meist in Fernost. Toner und Gehäuse, Mechanik und Elektronik sind dann von unbekannter Güte, ganz zu schweigen von der Toner-Menge. Vor allem aber handelt es sich um Schwarzware, weil der Neubau patentrechtlich nicht gestattet und das behauptete Recycling eine Irreführung des Käufers ist.

Vom Original und der legalen Recyclingware nur nach kritischer Prüfung zu unterscheiden: Nachbauten von Tonerkartuschen tarnen sich geschickt, um ihre Herkunft zu vertuschen.
Vom Original und der legalen Recyclingware nur nach kritischer Prüfung zu unterscheiden: Nachbauten von Tonerkartuschen tarnen sich geschickt, um ihre Herkunft zu vertuschen.

Einen illegalen Nachbau vom sauberen Recycling-/OEM-Produkt zu unterscheiden, ist nicht immer einfach. Es gibt aber laut Etira Anhaltspunkte dafür, dass etwas nicht stimmen kann:

• Die Preise am Markt für Recyclingkartuschen differieren von Anbieter zu Anbieter nur wenig. Ein Schnäppchenausreißer nach unten (beispielsweise minus 50 Prozent) ist ein klares Indiz für eine fragwürdige Herkunft, weil schon das Leergut oft zu solchen Preisen gehandelt wird.

• Recyclingware kann erst zwölf bis 15 Monate nach der Neuvorstellung eines neuen Druckers auf dem Markt sein, weil erst dann ausreichend Leergut für eine legale Wiederaufbereitung zur Verfügung steht. Wer also schon kurz nach der Neuvorstellung eines Gerätes günstige Recycling-Toner anbietet, handelt wahrscheinlich mit neuhergestellten Produkten, die Patente verletzen.

• Wenn man eine legale Recycling-Kartusche in Augenschein nimmt, sieht man Verschleißspuren. Ein illegaler Nachbau besitzt keinerlei solchen Indizien, dass er schon einmal in Verwendung war. Er wirkt wie neu.

• Das legale Wiederaufbereiten einer Kartusche erfordert, dass der Recycler das OEM-Logo entfernt, so wird der Markenaufkleber abgelöst und Hinweise wie „Made in...“ abgeschliffen, die Schleifstellen bleiben sichtbar. Die Kartusche wird mit einem Aufkleber des Recyclers versehen. Der illegale Nachbau besitzt keine Schleifstellen aus einem Recyclingprozess.

• Auch echte OEM-Ware enthält eine Reihe von Merkmalen: Marken-Logo des Herstellers, ein Hinweis „Made in ...“, gegebenenfalls Sicherheitsaufkleber mit Hologramm. Illegale Nachbauten wirken meist neutral, sie wollen den Anschein von legaler recycelter Ware erwecken.

Eine verlässliche Kennzeichnung von legaler Ware gibt es nicht. Logos, Zertifikate, ISO-Normen können gefälscht werden. Was also sollte der Handel tun? Zunächst sollte er sich der Konsequenzen bewusst sein, die das Handeln mit patentrechtsverletzender Ware hat. Er sollte mit vertrauenswürdigen Partnern zusammenarbeiten, und doch nicht zu vertrauensselig sein. Schließlich können auch dem Distributor Fehler unterlaufen. Ware aus zweifelhafter Herkunft zu erwerben, kann man nicht empfehlen. Und vor allem: Extrem günstige Angebote müssen allen Händlern eine Warnung sein.

Von Clones und Originalen

Legal gehandelt werden dürfen nur OEM-/Original-Kartuschen und wiederaufbereitete Kartuschen. Wiederaufbereitete Kartuschen sind durch Dritt-anbieter recycelte OEM-Kartuschen, die dann unter einer anderen Marke als Recycling-Produkte auf den Markt gebracht werden. Auf den Markt drängen aber seit einigen Monaten immer mehr neu hergestellte Kartuschen („Clones“), die sich entweder als OEM-Ware ausgeben oder vortäuschen, legale Recycling-Produkte zu sein.

www.etira.org

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