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Marktbereinigung steht bevor

Die PBS Holding gehört zu den führenden Großhändlern in Europa. Wir sprachen mit Vorstandschef Richard Scharmann über Rahmenbedingungen, Veränderungsdruck, Expansion, Logistikprobleme und die Zusammenarbeit mit Soennecken.

Deutschland-Zentrale in Ahlten bei Hannover: Die Neustrukturierung der Deutschland- Aktivitäten ist weitgehend abgeschlossen
Deutschland-Zentrale in Ahlten bei Hannover: Die Neustrukturierung der Deutschland- Aktivitäten ist weitgehend abgeschlossen

Herr Scharmann, die PBS-Großhandelslandschaft in Europa ist vor dem Hintergrund einer angespannten Margensituation in Bewegung. Wie sehen sie die weitere Entwicklung und welche Strategie verfolgt die PBS Holding?

Die Margensituation ist leider nicht der einzige Problembereich, dem der Großhandel, aber auch generell die Branche, gegenüberstehen. Mittelfristig ist es die Stagnation der klassischen Büro- und teilweise auch Schulprodukte und kurzfristig beschert die schleppende Umsatzentwicklung aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Kopfzerbrechen. Vor diesem Hintergrund gibt es die Notwendigkeit der professionellen Gegensteuerung, zu der auch Themen wie Margenoptimierung, Investitionen oder Finanzierung gehören, aber auch die Sicht, dass nicht alle bestehenden Anbieter am Markt verbleiben werden. Selbst bei den Globals prägen derzeit die Schlagzeilen Restrukturierung und Reduktion der Verluststrukturen die Pressemitteilungen. Für die PBS Holding liegt ein starker Fokus auf der weiteren Optimierung unserer Strukturen. Dies aber nicht im Sinne von Kostenreduktion und Mitarbeiterabbau, sondern vielmehr im Bereich von Investitionen, die die zukünftige Leistungsfähigkeit verbessern. Wir gehen davon aus, dass die Leistungserbringung weiter qualitativ steigen wird, bei gleichzeitigem erhöhten Druck, die Kosten zu reduzieren. Aber schwierige Zeiten sind auch Zeiten von Chancen, da sich Märkte konsolidieren. Dabei gestalten wir aktiv unsere Rolle im internationalen Umfeld, indem wir Länder und einzelne Märkte beobachten und zum geeigneten Zeitpunkt Aktivitäten setzen. So auch beispielsweise unser jüngstes Engagement in Polen, das nicht über Nacht entschieden wurde. Bereits seit fünf Jahre befassen wir uns mit diesem Markt und nun haben wir einen für uns erfolgversprechenden Ansatz gefunden.

Haben reine nationale bzw. regionale Großhandelsplayer überhaupt eine Zukunftschance?

Ich glaube nicht, dass Schwarz-Weiß-Betrachtungen die richtige Lösung liefern. Große wie kleine Unternehmen haben ihre Zukunftschancen. Vielmehr geht es darum, ob man Leistungen bietet, die die Kunden verlangen und zu schätzen wissen bzw. wie die eigenen Leistungen vom Wettbewerb differenziert werden können. Wer das gut macht, hat immer seine Berechtigung. Natürlich sind die Potenziale unterschiedlich, aber letztendlich kann ein lokaler, kundenorientierter und leistungsfähig Anbieter wirtschaftlich erfolgreicher als ein Global sein. Was es aber auf alle Fälle braucht, sind zukunftsfähige Strukturen, ohne die der größte Idealismus nichts bringt. Das beginnt schon beim notwendigen Kapital- und Finanzierungsbedarf für die Zukunft, der zur Verfügung stehen muss.

Auch optisch sichtbar unter einem Dach: die Deutschland-Player Alka und PBS Deutschland in Ahlten
Auch optisch sichtbar unter einem Dach: die Deutschland-Player Alka und PBS Deutschland in Ahlten

Der Veränderungsprozess betrifft auch das Produktportfolio. Inwieweit müssen die Sortimente verändert werden, um bessere Margen realisieren und die Rückgänge in bisherigen Kernbereichen auffangen zu können?

Dieser Trend ist unausweichlich, wenngleich er ein langsamer ist. Den Trend, dass klassische Büroprodukte stagnieren, kann man seit Jahren nachvollziehen. Die Schwierigkeit ist, einerseits Sortimentsbereiche zu finden, die vom Volumen her mittelfristig einen Ausgleich bieten können, bzw. neue Themen zu finden (sei es nun bei Produkten oder Dienstleistungen), die eine gewisse Kompensation ermöglichen. Verstärkt wird dieses Dilemma dadurch, dass nicht nur ein Ersatz für das stagnierende Volumen zu suchen ist, sondern auch ein entsprechender Ausgleich in der Spanne erreicht werden muss. Noch hat die Branche nicht den goldenen Schlüssel gefunden, aber die im Fokus stehenden Themen wie etwa Facility Management entwickeln sich stetig. Und wenn der Ausgleich im Sortiment nicht hergestellt werden kann, wird die Schlacht um den Umsatz eröffnet. Verdrängung im Markt wird dann den fehlenden Umsatz kompensieren. Womit wir wieder beim Thema Konsolidierung wären.

Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Interaction-Gruppe? Reichen die bisherigen Synergien in Richtung Eigenmarke für die Zukunft aus?

Branchenkenner mit Weitblick: Richard Scharmann, Vorstandsvorsitzender der im österreichischen Wels ansässigen PBS Holding und Aufsichtsratschef der europäischen Großhändlergruppe Interaction
Branchenkenner mit Weitblick: Richard Scharmann, Vorstandsvorsitzender der im österreichischen Wels ansässigen PBS Holding und Aufsichtsratschef der europäischen Großhändlergruppe Interaction

Die Eigenmarke spielt im bestehenden Wettbewerbsumfeld eine bedeutende Rolle und kann sich trotz eines schwierigen Marktumfeldes sehr positiv entwickeln. Das alleine löst aber nicht die anstehenden Herausforderungen. Dazu kommt, dass auf internationaler Ebene beobachtet werden kann, dass klassische Einkaufsgemeinschaften ihren Zenit überschritten haben und auch marktseitig an Bedeutung verlieren. Die Interaction-Gruppe zeichnet neben ihren Aktivitäten im Bereich der Eigenmarke und internationaler Einkaufsvereinbarungen die Nähe der Eigentümer aus. Die sechs Eigentümerunternehmen zählen in vielen europäischen Märkten zu den führenden Anbietern und unsere offene Zusammenarbeit ermöglicht uns den Austausch zu zukünftigen Entwicklungen und auch die Schaffung gemeinsamer Marktansätze. Hier sehe ich das bedeutendste Zukunftspotenzial.

Die Margenprobleme gelten neben dem Großhandel auch für Ihre Kunden und damit für Büroprofi- und Skribo-Händler. Welche Lösungsansätze sehen sie vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des Onlinehandels?

Der Online-Handel ist Bestandteil der Branche und aller darin tätigen Unternehmen. Demnach gibt es gar keine Möglichkeit mehr, ohne diesen Vertriebsweg zu arbeiten. Er wird aber andererseits auch nicht alle bestehenden Strukturen obsolet machen. In Bezug auf Skribo und Büroprofi haben die Aktivitäten durchaus unterschiedliche Ausrichtungen. Während Büroprofi mit seinen Tools hier im Tagesgeschäft absolut wettbewerbsfähig ist (mittlerweile übertreffen einzelne Büroprofi-Partner die 40-Prozent-Umsatzanteilsmarke bei Online-Bestellungen), ist die Herausforderung für Skribo größer. Hier arbeiten wir gerade an einer Neukonzeption des Online-Auftrittes in Verbindung mit einem entsprechenden Verkaufskonzept. Es geht hier nicht darum, dass wir das Ladengeschäft durch Hauszustellungen ablösen wollen, sondern das Medium dort gezielt einsetzen werden, wo es einen Zusatznutzen für den Kunden wie auch den Händler bringen wird. Es geht also sicher nicht darum, Sortiment des Geschäftes in einem Web-Shop abzubilden, sondern vielmehr die Themen zu identifizieren, bei denen wir uns gegenüber dem Online-Wettbewerb sortiments- und serviceseitig gut positionieren können und die auch dann tatsächlich einen Zusatzumsatz für den Händler bringen.

Der Geschäftsführerwechsel bei der PBS Deutschland und Spekulationen in Richtung Soennecken haben zuletzt für Gesprächsstoff gesorgt. Wie sehen sie die PBS Holding in Deutschland aufgestellt?

Hightech-Logistik: beachtliche Kapazitäten von den Stellplätzen bis zur Kommissionierung
Hightech-Logistik: beachtliche Kapazitäten von den Stellplätzen bis zur Kommissionierung

Wir arbeiten seit mehr als sechs Jahren sehr kontinuierlich an unserem deutschen Strukturplan und werden mit Ende diesen Jahres die finale Organisationsstruktur umgesetzt haben. Also in Summe sehr überraschungsfrei indem wir immer gesagt haben, dass das Ziel eine einheitliche Struktur ist, die den beiden Vertriebsorientierungen Alka und PBS Deutschland den vollen Zugriff auf die Leistungen ermöglicht und gleichzeitig aufgrund der Leistungsfähigkeit zukunftssicher ist. Wir führen damit ein Lagersortiment von über 50 000 Produkten und weiteren rund 30 000 Artikeln über unser „Caos“-Angebot. Dies in Verbindung mit modernster Logistik als auch bester Systemunterstützung (Online, Cips ERP oder Kassensysteme). Inhaltlich hat sich nichts geändert und dass Herr Lambertz neue berufliche Herausforderungen sucht, ist zwar eine Veränderung in den Verantwortlichkeiten, hat aber keine Auswirkung auf die Ausrichtung oder unser Ziel im Markt. Die Soennecken-Gerüchte entbehren jeder Grundlage. Wir arbeiten mit Soennecken sehr erfolgreich zusammen und freuen uns auch auf weitere gemeinsame Möglichkeiten. Das Thema Expansion ist kein explizites für unsere deutschen Strukturen. Vielmehr leitet uns die Aufgabe, unsere finalen Strukturen in Deutschland herzustellen, die dann in Folge langfristig für uns eine interessante Entwicklung am deutschen Markt ermöglichen werden. Ob dann die Expansion aufgrund gesamtwirtschaftlicher Erholung, verstärkter Konsolidierung bei den Anbietern oder aufgrund von erfolgreichen Einzelprojekten erfolgt, ist für uns keine kritische Frage. Selbst wenn die Gesamtsituation im Markt für die nächste Zeit eine eher verhaltene Entwicklung bestimmt, haben wir solide, erfolgreiche Strukturen, die uns nicht zum kurzfristigen Handeln zwingen.

Die Umstellung der Logistikprozesse in Deutschland hat für einige Anlaufschwierigkeiten gesorgt. Wie ist der aktuelle Stand?

Da haben sie Recht, das hat uns einige Kopfschmerzen bereitet. Im wesentlichen waren die Umstellungsvorgänge softwareseitig komplexer als ursprünglich geplant. Dies hat uns eine Verzögerung von rund drei Monaten eingebracht, die uns in der Zeitabfolge dann mitten ins Schulgeschäft gebracht hat. Diese Prozesse sind abgeschlossen und inzwischen geht es darum, die Feinjustierung des Systems vorzunehmen. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten zwei Monaten bereits sehr nahe am Zielzustand sein werden und die Kunden dann tagtäglich die Vorteile des neuen Systems erleben werden. Parallel dazu konnte leider unser Frachtführer die dabei auf ihn zukommende Leistungsanforderung nicht vereinbarungsgemäß erbringen. Hier haben wir Ende Oktober einen Wechsel vorgenommen. Leider hat uns dieses Problem zusätzlich während der Umstellungsphase voll erwischt, was die Situation erschwert hat. Inzwischen sind wir auf einem guten Weg. Die geplanten Leistungswerte der neuen Logistikanlage werden mittlerweile klar überschritten.

PBS Holding expandiert weiter

Die PBS Holding mit Sitz im österreichischen Wels gehört bei einem Umsatz von zuletzt 215 Millionen Euro zu den führenden Großhandelsplayern der Branche in Europa. Neben dem Heimatmarkt ist das Unternehmen mit eigenen Tochtergesellschaften in Deutschland (Alka, PBS Deutschland), der Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und jetzt auch Polen aktiv. Die PBS Holding hat zuletzt durch den Zukauf von zwei Otto-Office-Gesellschaften in Tschechien und der Slowakei sowie der Eröffnung einer eigenen Tochtergesellschaft in Polen ihr Geschäft in Osteuropa weiter ausgebaut. Otto Office hat sich damit aus der Tschechischen Republik und aus der Slowakei zurückgezogen. Der bisherige Geschäftsverlauf habe nicht die hohen Erwartungen erfüllt und man erwarte auch keine Verbesserungen, wie Uwe Orgas, Vorsitzender der Geschäftsführung von Otto Office, bestätigte. Die PBS Holding war bereits in beiden Märkten durch ihre Büroprofi-Organisation im Streckenhandel aktiv. Mit dem Kauf ist eine neue Geschäftseinheit entstanden, die sich jetzt um die früheren Otto-Office-Kunden kümmert. PBS-Holding-CEO Richard Scharmann erwartet, dass man rund 50 Prozent der Umsätze von Otto Office halten könne. Zudem ist die PBS Holding seit Anfang Oktober mit einer eigenen Tochtergesellschaft in Polen gestartet, nachdem zuvor Versuche gescheitert waren, einen geeigneten Partner für eine Kooperation zu finden.

www.pbs-holding.com

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