BusinessPartner PBS

„Könnt ihr auch Toilettenpapier liefern?“

Printus macht es mit Erfolg, bei Otto Office gilt es als das am häufigsten bestellte Produkt und auch der Fachhandel kann es: Alles rund ums Büro verkaufen, neudeutsch Facility. Und ja – neben Kaffee, Keksen und Reinigungsmitteln ist auch Toilettenpapier damit gemeint.

Foto: Thinkstock, 139550061
Foto: Thinkstock, 139550061

Der Bürofachhandel steht vor gravierenden Herausforderungen: In einer Welt, in der die Büroarbeit immer digitaler vernetzt wird, kann er mit seinem klassischen Bürosortiment immer schwerer punkten. Gefragt sind neue, ergänzende Produkte, die Deckungsbeitrag erwirtschaften und Rückgänge im Bürobedarf kompensieren. Der Sortimentsbereich Facility steht dabei an vorderster Stelle, denn er passt zur Beschaffung für das Büro: regelmäßig benötigte Artikel, die so genannten C-Artikel, welche beispielweise die Sekretärin zu besorgen hat.

GUIDO KLAMT, Spicers
GUIDO KLAMT, Spicers

Schon seit Jahren forcieren Großhändler und Genossenschaften diese Entwicklung. Sie suchen ebenso wie der Fachhandel nach neuen Wachstumssortimenten. Die PBS Holding, in Deutschland über die PBS Deutschland und Alka aktiv, baut beispielsweise seit fünf Jahren dieses Sortiment aus, listet neue Lieferanten und erweitert das Angebot unter der Eigenmarke Q-connect. Bei Spicers bietet man dem Fachhandel schon seit Jahren einen eigenen Facility-Katalog an. Guido Klamt, Vertriebsleiter bei Spicers, will das Produktsegment voranbringen, stößt jedoch bei vielen Fachhändlern auf Vorbehalte: „Kostet zu viel Zeit“ oder „Passt nicht zu unserem Profil“ sind nur zwei davon. „In Wirklichkeit ist es nach wie vor eher die Scheu des Handels, sich mit diesem Sortiment zu beschäftigen“, meint Klamt.

RICHARD SCHARMANN, PBS Holding
RICHARD SCHARMANN, PBS Holding

Zu unrecht, findet Richard Scharmann, der Vorstand der PBS Holding, und weist auf die zweistelligen Wachstumszahlen in jenen Produktbereichen hin, die den bestehenden PBS-Sortimenten nahe stehen (wie Hygiene oder Sanitärbedarf). Bei Spezialsortimenten wie etwa Schutzbekleidung, Anwaltsbedarf oder Leuchtmitteln gibt es indes besondere Herausforderungen: „Diese Produktgruppen besitzen zwar ein interessantes Potenzial für den PBS-Händler, müssen aber aktiver vermarktet werden. Händler, die hier gezielt vorgehen, können spürbare Umsatzausweitungen erreichen“, so Scharmann.

Beim Großhändler Spicers hat der Spezial-Katalog mit dem Facility-Sortiment den Umsatz sprunghaft vorangebracht, in jeder Printpromotion wird das Thema seither bevorzugt positioniert, bei jeder Top-Preis-Promotion waren Zugabeartikel aus dem Bereich Facility dabei. „Das Facility-Sortiment muss durch Beharrlichkeit und ständige Thematisierung vorangetrieben werden. Beratung ist kein Selbstläufer, dafür bedarf es Zeit und Ausdauer“, unterstreicht Vertriebsleiter Guido Klamt. Wichtig aus seiner Erfahrung: Der Kunde kommt nicht von selbst darauf, dass er die H-Milch auch über seinen Bürolieferanten bestellen könnte. „Bleibt der Verkäufer passiv, kauft der Kunde weiter bei seinen gewohnten Bezugsquellen.“

JÜRGEN EGNER, MGW-Gruppe
JÜRGEN EGNER, MGW-Gruppe

Bietet das neue Sortimentsfeld gute Margenchancen? Wir fragten nach bei Fachhändlern, die auf diesem Gebiet Erfahrungen gesammelt haben. Jürgen Egner ist einer von ihnen. Als Geschäftsführer der MGW-Gruppe (allesamt Soennecken-Mitglieder) spricht er für 15 Gesellschafter mit mehr als 25 Standorten in Deutschland. Die Mitglieder sind vor allem B2B-Spezialisten. Sie haben das Potenzial für diese ergänzenden Produkte erkannt und verkaufen sie seit Jahren mit wachsendem Erfolg. „Man muss sich mit dem Thema beschäftigen, denn Vieles ist anders als beim Kauf eines Büroprodukts“, berichtet Egner. Bei Lebensmitteln gibt es ein Verfallsdatum und es gibt auch eine Vorgabe dafür, bei welcher Temperatur das Produkt zu lagern und zu transportieren ist. Facility, das heißt Kekse und Schokolade für den Besprechungsraum, Kaffee und Tee – und das bedeutet für den Fachhändler Mehraufwand in seiner Logistik. Die Schokolade soll nicht schmelzen, der Kaffee frisch geröstet sein und im Lager dürfen beide nicht neben den Reinigungsmitteln stehen. Doch es lohnt sich: Bei einem Umsatzanteil von zehn Prozent spricht man bei der MGW schon von einem bedeutenden Standbein.

UWE HECK, Büro Heck
UWE HECK, Büro Heck

„Das Potenzial ist enorm hoch“

Auch Uwe Heck, Büroring-Mitglied und Geschäftsführer von Büro Heck im nordhessischen Frankenberg, ist heilfroh, dass er sich vor einigen Jahren auf das unbekannte Terrain „Facility“ gewagt hat. „Das Potenzial ist enorm hoch, da Kleinkunden diese Produkte oft noch aus Supermärkten und Discountern holen, was jedoch ineffizient ist: Um 2,50 Euro zu sparen, ist ein Mitarbeiter vielleicht eine Stunde unterwegs“, sagt Heck. Er glaubt auch, dass viele Händlerkollegen den Bedarf bei Großkunden unterschätzen: „Palettenlieferung ist hier die Normalität.“ Für sein Sortiment bedient er sich beim Angebot von Büroring und ergänzt es individuell: „Die Produktauswahl kann nur durch Erfahrungswerte ausgewogen zusammengestellt werden. Eine wahllose Platzierung bekannter Markenhersteller wie Kimberly-Clark oder Tork ist nicht zwingend erforderlich und auch zu teuer.“ Als entscheidend für seine Erfolge sieht er den geschickten Vertrieb an: ausführliche Einarbeitung der Mitarbeiter, direkte Kundenansprache mit Nischenprodukten, gute Beratung und Betreuung mit Know-how und Überzeugung sowie die Entwicklung von Kundenbindungsmaßnahmen rund um das neue Sortiment. „Das Thema Facility ist bei uns eine feste Produktgruppe geworden mit einem hohen Anteil am Gesamtumsatz“, freut sich der Unternehmer.

STEFAN DOORN, Büro Doorn
STEFAN DOORN, Büro Doorn

Stefan Doorn, Geschäftsführer bei Büro Doorn in Frankfurt und Büroring-Mitglied, sah sich vor fünf Jahren der Kundenanfrage gegenüber: „Könnt ihr auch Toilettenpapier liefern?“ Daraus ist ein zweistellig wachsendes Geschäftsfeld geworden, obwohl der Verkauf nach seiner eigenen Aussage mehr nebenbei mitläuft. Er glaubt, viele Händlerkollegen haben größte Hemmungen, mit ihrem Kunden über Toilettenpapier zu sprechen. Bei der Präsentation beim Einkäufer einer börsennotierten Aktiengesellschaft in Frankfurt habe er kostenlose Muster dabeigehabt, die der Vorstand mit nach Hause genommen und mit seiner Frau ausprobiert habe – und am Ende hat der Händler ein schönes Geschäft eingetütet.

Kritik üben die Händler an den Preisen im PBS-Großhandel und deren Auswahl. Jürgen Egner findet zwar, das Soennecken-Sortiment sei eine gute Basis für den Start, um die mittlerweile immer weiter steigenden Ansprüche der Kunden zu befriedigen, müsse man jedoch zusätzlich eigene Lieferverträge machen und das Sortiment ergänzen. Stefan Doorn umgeht das Preisproblem, indem er manche Produkte sogar direkt beim Hersteller einkauft und selbst einlagert. Er meint, dass für ein gutes, umfassendes Facility-Sortiment heute schon ungefähr 600 bis 700 Artikel nötig sind. Uwe Heck kritisiert, „dass die Kataloge der Großhändler zum Teil wahllos zusammengestellt sind. Eine durchgängige Zusammenstellung von Produkten eines wirklich guten Anbieters oder nur weniger Hersteller wäre sinnvoller.“

www.buero-heck.de

www.doorn.de

www.mgw-office-supplies.de

www.pbs-holding.de

www.spicers.de

Verwandte Themen
Facility als Chance sehen weiter
„Längst nicht mehr nur eine Büromarke“ weiter
Qualitätswerkzeuge „Made in Germany“ weiter
Abfallmanagement „Made by Han“ weiter
„Mehr Hygiene, weniger Kosten“ weiter
Der Arbeitsplatz – ein schlecht gereinigter Essplatz weiter