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„Es läuft besser und besser“

Die Krise im Büromöbelmarkt ging auch an dem Kölner Traditionshaus Bürobedarf Hänsel nicht spurlos vorbei. „Manchmal ist es wichtig und richtig, einen Schnitt zu machen“, so die Erfahrungen der vergangenen Monate.

Kölnern sagt man zuweilen eine gewisse Sorglosigkeit nach. Das mag mit dem so genannten Kölschen Grundgesetz zusammenhängen, einer Sammlung bedenkenswerter rheinischer Redensarten. Die republikweit bekanntesten von ihnen lauten „Et kütt, wie et kütt“ und „Et hät noch immer joot jejange“ – zwei Weisheiten, die zu sagen scheinen: Lass die Dinge ihren Lauf nehmen, ändern kann man doch nichts, und am Ende ist sowieso noch immer alles gut gelaufen, irgendwie. Georg Holl ist „Urkölner“, war 1997 im

Karneval sogar einmal Jungfrau im Kölner Dreigestirn.

Der familieneigene Betrieb Bürobedarf Hänsel, den er zusammen mit Bruder und Mutter leitet, wurde 1921 in der Domstadt gegründet. Im vergangenen Jahr reifte in ihm der Entschluss, dass man zuweilen sehr wohl etwas ändern muss, weil sich die Dinge entgegen der rheinischen Grundüberzeugungen eben doch nicht immer zum Positiven entwickeln. Den Boden des Kölschen Grundgesetzes verließ Holl dennoch nicht, besagt doch der Artikel fünf: „Et bliev nix, wie et wor“ – sei also offen für Neues.

Marktlücke genutzt: Georg Holl im neuen Brother-Showroom im Kölner Stammhaus
Marktlücke genutzt: Georg Holl im neuen Brother-Showroom im Kölner Stammhaus

Für das Soennecken-Mitglied bestand die Neuerung darin, dass sich der PBS-Fachhändler schweren Herzens von einer seiner traditionellen Geschäftssparten verabschiedete, dem Verkauf von Büromöbeln. Ein externer Betriebsberater hatte schon 2008 zu diesem Schritt geraten. Zwar befand sich der Büromöbelsektor von den Umsatzzahlen her fast auf demselben Niveau wie der andere Schwerpunkt des Familienbetriebs, der Bürobedarf. „Die Ertragszahlen waren aber katastrophal“, erklärt Holl. Trotz Großkunden wie TÜV Rheinland, DEVK Versicherungen und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt – „am Ende blieb nichts übrig an Marge“. Aber sich deshalb gleich von den Büromöbeln verabschieden? Die Familie Holl tat sich schwer mit diesem Entschluss. An dem in Schieflage geratenen Geschäftssegment hingen vier Arbeitsplätze, „Mitarbeiter, die schon über 30 Jahre im Betrieb tätig waren, deren Familien man kennt“, betont Holl. „Da trifft man so eine Entscheidung nicht hoppla hopp.“

Biss in den sauren Apfel

Zunächst hoffte die Familie auf bessere Zeiten im Büromöbelmarkt, bekanntermaßen vergeblich. Mit Rechtsanwälten, mit Steuerberatern, mit Vertretern von Verbänden wurde getagt. Gab es nicht doch irgendeine Möglichkeit, die brüchig gewordene zweite Säule zu stabilisieren? „Am Ende haben wir dann in den sauren Apfel beißen müssen“, berichtet Holl. „Das Geschäft mit Bürobedarf läuft zwar sehr gut, es konnte aber nicht länger auch noch die Möbel mitfinanzieren.“ Also wurde die Reißleine gezogen. Auf der Orgatec 2010 machte Holl die Kündigung der vier betroffenen Mitarbeiter bekannt. Bürobedarf Hänsel entlässt Angestellte – das hatte es in dem Familienbetrieb, der seit jeher auf Kontinuität und einen festen Personalstamm setzt, noch nie gegeben. Georg Holl merkt man noch heute die Betroffenheit an. „Das trifft einen Unternehmer schon ganz hart und gab viele schlaflose Nächte.“

Soweit der weniger erfreuliche Teil. Doch was Bürobedarf Hänsel erlebte, ist nicht nur die Geschichte eines Abschieds, sondern auch die eines Neuanfangs. Das Kapitel „Büromöbel“ war beendet. Doch wodurch sollte es ersetzt werden? Der Familienrat tagte und beschloss: Wir brauchen einen Hingucker. Etwas, das es nicht überall gibt. Etwas, mit dem man neue Kunden akquirieren könnte. Dass die Wahl schließlich auf Produkte der Firma Brother fiel, hat einen guten Grund: Während die Low-Budget-Linie des weltweit agierenden Konzerns in den gängigen Elektronikmärkten zu finden sind, führen die Profi-Geräte nur wenige Fachgeschäfte. Auf der Suche nach einem autorisierten Händler im Kölner Stadtgebiet wurde Holl nicht fündig.

Mit Schwung in die Marktlücke

Eine Millionenstadt und eine derartige Marktlücke? Hier tat sich auf einmal eine große Chance auf und Holl wollte beherzt zugreifen. Erkundigungen bei Brother-Händlern außerhalb von Köln bestätigten ihn in seinem Entschluss. Also nahm er Kontakt mit Brother Deutschland auf und stellte fest: Auf der anderen Seite war das Interesse an einer Zusammenarbeit nicht minder groß. Das 90 Jahre alte Traditionshaus Hänsel betrat ein neues Geschäftsfeld.

Neu aufgestellt: das Fachhandelsunternehmen Bürobedarf Hänsel in Köln
Neu aufgestellt: das Fachhandelsunternehmen Bürobedarf Hänsel in Köln

Nach der Einigung mit der deutschen Niederlassung des Global Player stellte Holl einen neuen Mitarbeiter ein, der sich auf Brother-Produkte spezialisiert hat und sich gleich an die Arbeit machte: Kundenakquise, Aufbau eines effizienten Datenmanagements, Werbung – zu tun gab es genug. Seine neuen Kollegen wurden in den vergangenen Monaten derweil geschult, damit auch sie sich in der Welt der Drucker, Fax- und Multifunktionsgeräte auskennen. An die Fassade des firmeneigenen Hauses ließ Holl das Brother-Logo schrauben, der größte Clou aber gelang ihm und sein Team im Internet: Über die Adresse www.brother-koeln.de staunten sogar die Brother-Mitarbeiter. Bereits Monate vor der Eröffnung der Ladenfläche im Hänsel-Stammhaus liefen die Geschäfte mit dem neuen Warensortiment gut an. Voraussetzung dafür: die klare Definition der Zielgruppen und deren individuelle Ansprache. Dazu gehört, dass Bürobedarf Hänsel sofort branchenspezifische Lösungen für spezielle Berufsgruppen anbot, für Ärzte etwa Drucker mit verschließbaren Papierkassetten, damit keine Rezepte entwendet werden können. Auch den Anschluss der Geräte an ein Netzwerk zählt zum Leistungssortiment, in Kooperation mit einem anderen Unternehmen. „Wir haben kurz nach dem Start enormen Zuspruch gehabt und viele Geräte verkaufen können“, bilanziert Holl zufrieden. Was ihn aber fast noch glücklicher macht: Die 30 Mitarbeiter und sechs Azubis ziehen mit. Hat er also die richtige Entscheidung getroffen, als er hinter die Büromöbel einen Schlussstrich zog und mit Brother einen Neuanfang wagte? Holl lässt daran keinen Zweifel. „Es läuft besser und besser“, sagt er. Et hät noch immer joot jejange? – wenn man die richtigen Entscheidungen trifft und sie konsequent umsetzt.

www.brother-koeln.de

www.buerobedarf-haensel.de

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