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Der weite Weg nach Europa

In Zeiten globaler Märkte gewinnt die Herkunft eines Produktes an Bedeutung. Die Bezeichnung „Made in EU“ spielt dabei neben dem Label „Made in Germany“ eine immer größere – aber noch keine richtig große Rolle.

Die Produktion „Made in Germany“, wie hier bei Schneider Schreibgeräte, steht international hoch im Kurs.
Die Produktion „Made in Germany“, wie hier bei Schneider Schreibgeräte, steht international hoch im Kurs.

Wer gute Argumente hat, verkauft besser, schneller und vor allem leichter. Neben konkreten Leistungsmerkmalen, die einem Produkt ein Alleinstellungsmerkmal verleihen, spielen bei der Kaufentscheidung Marken, Labels und Zertifikate, aber auch die Herkunft eine wesentliche Rolle. Zahlreiche Studien belegen den Einfluss des Herkunftslandes auf die Einschätzung der Qualität und die Zahlungsbereitschaft. So werden Schuhe aus Italien, Uhren aus der Schweiz oder Wein aus Frankreich in der Regel als wertiger angesehen, als die entsprechenden Produkte aus anderen Ländern. Ebenso wird die Qualität von Waren aus Entwicklungs- und Billiglohnländern im Vergleich zu denen aus industrialisierten Ländern durchweg als geringer eingeschätzt.

Nach wie vor hoch im Kurs bei den Herkunftsbezeichnungen steht das Gütesiegel „Made in Germany“, das ursprünglich als Schutzmaßnahme für die britische Wirtschaft gedacht war. Nach dem vor 125 Jahren erlassenen „Merchandise Marks Act“, dem britischen Handelsmarkengesetz, mussten alle importierten Waren gekennzeichnet sein. Das Gesetz sollte die Konsumenten vor schlechter und billiger Massenware schützen und zielte hauptsächlich gegen die aufstrebende deutsche Industrie, die britische Industriemarken kopierte. Doch schon bald wurde die Bezeichnung zum Symbol für Zuverlässigkeit und Qualität, gegen das auch das Motto „Buy British“ nicht ankam. So entschloss sich die deutsche Wirtschaft, das Qualitätssiegel „Made in Germany“ auch beim Export in Länder zu nutzen, die eine solche Ursprungsbezeichnung nicht forderten.

Auch heute legen viele deutsche Unternehmen großen Wert auf das Label „Made in Germany“. Ein echtes Qualitätssiegel ist die Ursprungsbezeichnung jedoch nicht. Der Hersteller entscheidet, ob er sie auf seine Produkte schreibt. Ganz unverbindlich ist die Herkunftsangabe jedoch auch nicht. So darf sie nicht gegen rechtliche Grundlagen wie das Madrider Abkommen von 1891, Zoll-, Wettbewerbsrecht und Markengesetz verstoßen. Ebenso muss das damit verbundene Werbeversprechen gegebenenfalls einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Dabei reicht es Experten zufolge jedoch aus, wenn mindestens 45 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland erzielt wurde.

Gegenwind „Made in Germany“

Als die Europäische Kommission nationale Herkunftsbezeichnungen wie „Made in Germany“ im Jahr 2004 infrage stellte, stieß dies auf ein gespaltenes und teils heftiges Echo. Für Länder, deren Marken nicht so stark etabliert sind, könne es durchaus attraktiv sein, unter das Dach der EU zu schlüpfen, so die Überlegung aus Brüssel. Gleichzeitig wehren sich Länder mit starkem Gütesiegel, mit anderen in einen Topf geworfen zu werden. Auch die Antwort aus Deutschland kam prompt. „Industrie sieht das deutsche Gütesiegel in Gefahr“, „Marke von gestern“ oder „was ist Made in Germany noch Wert“, titelten die Medien. Politik und Wirtschaft in Deutschland sprachen sich einhellig für die Erhaltung des Gütesiegels aus. Und so blieben die Herkunftsbezeichnungen nicht zuletzt wegen des Drucks aus Deutschland erhalten.

Messerwellen-Prüfgerät im Einsatz bei Krug & Priester in Balingen.
Messerwellen-Prüfgerät im Einsatz bei Krug & Priester in Balingen.

Gefragt wie nie

Aus gutem Grund: „Made in Germany“ ist international gefragt und gilt insbesondere auf Auslandsmärkten als wichtiges Gütesiegel. Der deutsche Exportmotor läuft auf Hochtouren, vor allem weil die Nachfrage aus Ländern außerhalb Europas trotz Euro-Krise zuletzt stets kräftig wuchs, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) rechnet mit einem Exportplus von sechs Prozent auf 1124 Milliarden Euro in 2012. Dass Deutschland hat als Produktionsstandort an Attraktivität gewinnt, zeigt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung im Auftrag des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI). Trotz Wirtschaftskrise verlagern deutlich weniger Unternehmen ihre Fertigung ins Ausland. Seit 2006 hat sich der Untersuchung zufolge die Zahl um fast die Hälfte reduziert und ist damit auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren. Der Produktionsstandort Deutschland erlebe eine Renaissance, erklärte VDI-Direktor Willi Fuchs. Hauptgrund für die Entwicklung, sind laut VDI, gravierende Qualitätsprobleme, die Unternehmen, wie den Spielzeughersteller Steiff wieder komplett in Deutschland produzieren lassen. Daneben seien die Lohnkosten an vermeintlichen Billigstandorten zuletzt kräftig gestiegen.

Ihren Plan „Made in EU“ als Kennzeichnung vorzuschreiben, hat man in Brüssel vorerst auf Eis gelegt und setzt auf eine freiwillige Kennzeichnung. Die Kommission habe weder eine Abschaffung noch eine Erschwernis der Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“ vorgeschlagen, heißt es offiziell. Auch plane man keine neuen Regeln für Exportgüter aus der EU. Richtig sei, dass die Kommission einheitliche Regeln für Herkunftsbezeichnungen für Produkte angeregt hat, die aus Staaten außerhalb der EU eingeführt werden und für die man ein einheitliches Vorgehen erreichen wolle. Aber auch dazu liege noch kein Vorschlag auf dem Tisch.

Grafik: Thinkstockphotos, 121081402
Grafik: Thinkstockphotos, 121081402

Als freiwilliges Label könnte „Made in EU“ künftig jedoch interessante Argumente liefern, dies zeigt eine Umfrage in Ausgabe 6/12 der Fachzeitschrift C.ebra unter Einkäufern in Unternehmen. Bei der Beschaffung würden die Teilnehmer Produkten „Made in EU“ fast ausschließlich den Vorzug geben. Zudem verbinden sie die Bezeichnung mit Eigenschaften wie Qualität und Langlebigkeit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz, faire Beschäftigungsverhältnisse und europäische Standards bei Arbeitssicherheit und des Arbeitsschutzes. Doch auch hier zeigt sich, dass Europa groß und der Weg zu einem in der Breite akzeptierten Label weit ist. Und so fragt sich der ein oder andere Einkäufer, ob in einem Europa mit großen Unterschieden an den verschiedenen Produktionsstandorten Themen wie Mindestlöhne, Umwelt und Qualitätssicherung auch umfänglich beachtet werden werden.

www.europa.eu

www.cebra.biz

www.bga.de

www.isi.fraunhofer.de

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