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Ausschreibungen: Freihändig geht auch

Know-how und Beharrungsvermögen sind gefragt, um bei Ausschreibungen Erfolge verbuchen zu können. Unser Autor Siegfried Frankenstein, Fachreferent für Vergaberecht, informiert im nachfolgenden Bericht über die Freihändige Vergabe.

Siegfried Frankenstein, der Autor dieses Beitrages, ist Fachreferent für Vergaberecht und Leiter a.D. einer zentralen Beschaffungsstelle mit Einkaufsverantwortung für mehr als 10 000 Behörden-Mitarbeiter.
Siegfried Frankenstein, der Autor dieses Beitrages, ist Fachreferent für Vergaberecht und Leiter a.D. einer zentralen Beschaffungsstelle mit Einkaufsverantwortung für mehr als 10 000 Behörden-Mitarbeiter.

Vieles ist schon gesagt oder geschrieben worden. Aber manchmal kann es sehr sinnvoll und zielführend sein, wenn nochmals auf einige Fehleinschätzungen hingewiesen wird. Das öffentliche Auftragswesen bringen viele Unternehmen nämlich überwiegend nur mit einem überzogenen Verwaltungsverfahren in Verbindung. Manch ein Händler hat mittlerweile auch die Lust verloren und beteiligt sich gar nicht mehr an Ausschreibungen. Und hier wird dann auch nicht selten der erste große Fehler gemacht. So hat der Händler immer nur die zentimeterdicken und überhaupt nicht mehr lesbaren Ausschreibungspakete vor Augen (unter 100 Seiten sind schon dünn). Wenn man dann auch noch Aufwand und den vielleicht möglichen Ertrag ins Verhältnis setzt, so kann man eigentlich nur noch verzweifeln. Da wird dann in der Zusammenarbeit mit Vater Staat häufig schnell, fast zu schnell, „die Flinte ins Korn geworfen“. Denn neben den arbeitsintensiven Ausschreibungen lässt die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL 2009) auch die Möglichkeit einer Freihändigen Vergabe zu.

Entscheidungsgrundlage: die „Vergabe und Vertragsordnung für Leistungen“ (VOL)
Entscheidungsgrundlage: die „Vergabe und Vertragsordnung für Leistungen“ (VOL)

Freihändige Vergabe und die Möglichkeiten

Es ist ohnehin nicht nachvollziehbar, dass selbst bei Bietern, die auf öffentliche Aufträge angewiesen sind, nur lückenhafte vergaberechtliche Kenntnisse über die einzelnen Vergabearten vorhanden sind oder – was auch schlimm ist – gänzlich fehlen. Nur mit Halbwissen sollte man sich aber besser gar nicht um öffentliche Aufträge bemühen. Die Spielregeln des Vergaberechts muss man schon kennen, sonst werden gute Umsatzchancen unnötigerweise vertan. Wer kennt dabei schon die Vergabeart Freihändige Vergabe und die Möglichkeiten, die sich hieraus ergeben? Es ist schon bemerkenswert, dass eine Vielzahl der Akteure hierunter eine Beschaffung lediglich gemäß dem Motto „nach Gefühl und Wellenschlag“ oder, burschikos ausgedrückt, „frei Schnauze“ versteht. Leider wird freihändig selbst von nachprüfenden Stellen fälschlicherweise als problembehaftet beurteilt. Das entspricht jedoch nicht der geltenden Weisungslage, denn bei der Freihändigen Vergabe handelt es sich um eine absolut zulässige und wünschenswerte Vergabeart. Auch hier sind selbstverständlich die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Die Freihändige Vergabe findet in der Regel im Rahmen der durch die jeweiligen Auftraggeber festgelegten Wertgrenzen statt und ist formlos. Auf eine Besonderheit ist außerdem hinzuweisen: Im Rahmen dieser Vergabeart sind auch nachträgliche Preisverhandlungen zulässig. Die Wertgrenzen für die Freihändigen Vergaben wurden in den letzten Jahren drastisch erhöht. Sie liegen pro Auftraggeber in der Regel zwischen 7500 und 50 000 Euro pro einzelnem Auftrag. Um diese Aufträge könnte man sich somit ohne großen Aufwand bewerben. Der Bearbeitungsaufwand ist ohnehin überschaubar.

Also keine Formvorschriften oder zentimeterdicke Ausschreibungspakete. Da wird der eine oder andere Auftrag auch schon einmal telefonisch abgewickelt. Dabei handelt es sich hier um eine eindeutig bieterfreundliche Regelung; und diese formlose Auftragsvergabe ist auch bei den Mitarbeitern in den Vergabestellen recht beliebt. Formvollendete und nicht angreifbare Ausschreibungen zu erstellen, ist dagegen auch für „alte Hasen“ äußerst zeitaufwändig und nicht mit Links zu machen. Es ist jedoch zwingend erforderlich, dass ein Händler bereits bei der vergebenen Stelle bekannt sein muss, da eine Veröffentlichung nicht erfolgt. Da könnte man also Aufträge verlieren, die man gar nicht kennt. Übrigens: In Deutschland gibt es rund 30 000 Vergabestellen; da müssten doch wohl einige in der Nähe sein. Am wirkungsvollsten wäre dabei natürlich ein Besuch der entsprechenden Vergabestellen. Bei der Vielzahl der öffentlichen Auftrageber wird dies aber nur begrenzt möglich sein. Hilfreich und von den Kosten überschaubar sind zielgerichtete Werbeaktionen, um sich bekannt zu machen.

Mehr über die Chancen der Freihändigen Vergabe und einige interessante Tipps erfahren Sie im zweiten Teil der Berichtes in der kommenden Ausgabe von BusinessPartner PBS.

www.siegfriedfrankenstein.de

Praxis

Praxis-Seminar „Ausschreibungen“

Siegfried Frankenstein, Fachreferent für Vergaberecht im öffentlichen Bereich, veranstaltet im März 2013 ein Praxisseminar zur neuen „Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) – Ausgabe 2009“. Das zweitägige Seminar richtet sich an die Zielgruppen Vertriebsleiter, Key Account Manager, Außendienstler, Ausschreibungs-Sachbearbeiter sowie alle, die bei Bund, Ländern und Kommunen verkaufen wollen/sollen/müssen. Themenschwerpunkte sind unter anderen die Zulässigkeit von Beratertätigkeiten, das Erstellen, Gestalten und Bearbeiten von Ausschreibungen, das ungewöhnliche Wagnis langfristige Preisbindungen, die Nennung von Markennamen in Leistungsbeschreibungen oder die Bekanntgabe von Zuschlagskriterien. Darüber hinaus geht es um Fragen wie „Wie wird das wirtschaftlichste Angebot ermittelt? oder um „die häufigsten Fehler von Bietern und ausschreibenden Stellen bei Ausschreibungen“. Das Seminar findet am 18. und 19. März in Preetz bei Kiel statt.

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