Kurzfrist-Ökonomie schlägt Argumente
- 20.01.2010
- Markt + Service
- red.
„Neue Qualität in der Büroarbeit“ – diese Aussage lässt jeden Schreibtischtäter kurz innehalten und über seine Situation am Arbeitsplatz nachdenken, oder?
Hauptaufgabe des Vereins „Deutsches Netzwerk Büro“ (DNB) e.V. ist die Unterstützung bei der praktischen Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Büro. Das DNB strebt den Dialog zwischen Wirtschaft und Politik über „neue Qualität der Büroarbeit“, die Zusammenarbeit der verschiedenen an der Gestaltung der Büroarbeit beteiligten Disziplinen, die Förderung des Entstehens von Wissen über Büroarbeit sowie den Austausch, die Verbreitung und die Anwendung dieses Wissens in der Praxis an.
Seit 2002 hat die nationale Initiative INQA-Büro die wichtigsten Akteure in dem Arbeitsfeld Büro zusammengeführt und einen Dialog zwischen Beratern, Dienstleistern, Handel und Herstellern, den staatlichen Institutionen, dem Arbeits- und Gesundheitsschutz und der Arbeitswissenschaft in Gang gebracht. Aus dieser Zusammenarbeit ist im Mai 2008 der Verein Deutsches Netzwerk Büro e.V. entstanden, der von Unternehmen, Institutionen und Organisationen getragen und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sowie von der VBG unterstützt wird.
Wir sprachen mit DNB-Vorstand Bruno Zwingmann:
Herr Zwingmann, als Vorsitzender des Vereins – was ist Ihr persönlich wichtigstes Anliegen in puncto „neue Qualität in der Büroarbeit“?
Beruf und Berufung verbinden mich seit langem mit Sicherheit, Gesundheit und Ergonomie. Ich durfte die Gesetze und Progamme in diesem Handlungsfeld mitprägen. Es wird Sie nicht überraschen, dass ich diese „Basisthemen“ jeder guten Arbeitsqualität voranbringen möchte. Ergonomie und Gesundheit werden heute sehr umfassend verstanden und von fortschrittlichen Unternehmen so auch praktisch umgesetzt. Trotzdem muss für mindestens ein Drittel aller Unternehmen noch die ergonomische Grundausstattung geschaffen werden. Ich habe gar keine Sympathie für häufig sogar noch prämierte, mit dem letzten Schrei des Designs gestylte Kreativbüros, in denen die Menschen sich nicht wohlfühlen oder sogar beeinträchtigt und krank werden.
Glauben Sie, dass in Zeiten wie diesen, in denen Sparmaßnahmen besonders im Einkauf zwingend auf der Tagesordnung stehen, Verbesserungen der Arbeitssituation der Mitarbeiter bei den Entscheidern wirklich Gehör finden?
Die entscheidende Stellung des „Faktors Mensch“ in der modernen Ökonomie ist kein Wunschgebilde. Die allerorten geforderte Kreativität, Innovations- und Leistungsbereitschaft ist mit einer miesen Qualität der Arbeit einfach nicht zu haben, erst recht nicht bei einer stark alternden Erwerbsbevölkerung. Eine gute Arbeitsumgebung und Arbeitsplatzausstattung sind dafür notwendige, wenn auch bestimmt nicht immer hinreichende Bedingungen.
Es ist schon erstaunlich, wie sich die ökonomische Begründung unseres Themas in den letzten Jahrzehnten gewandelt hat. Die volkswirtschaftlichen Argumente waren schon immer auf unserer Seite. Aber heute sind auch für die Unternehmen selbst Größen wie der Rückgang der Mitarbeiterfluktuation, die Steigerung der Prozess- und Produktqualität und des Unternehmens-images durch eine bessere Qualität der Arbeit im direkten Sinne „berechenbar“. Ungeachtet ihrer negativen Folgen ändert die Wirtschaftskrise hieran im Grundsatz nichts. Und diese Zusammenhänge sind auch aktuell den Entscheidern nahezubringen. Dies bedeutet im Umkehrschluss zwingend, dass das Thema und die genannte Argumentation auch zu den Entscheidern kommen müssen. Dies ist wiederum abhängig von Kommunikation und Sprachfähigkeit unseres Themas und seiner Akteure über den Einkauf oder die jeweils „eigene“ Gruppe hinaus. Das DNB will ja eine Kommunikationsplattform für alle an der Gestaltung der Büroarbeit beteiligten Gruppen sein.
Unser großes Problem ist allerdings der Sektor der „Kurzfrist-Ökonomie“, und dies gilt gerade in der Wirtschaftskrise. Wer von der Hand in den Mund lebt, ist für keine noch so guten Langfrist-Argumente empfänglich.