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Neue Konditionenmodelle sind gefragt

Etwas mehr als zwei Jahre ist es inzwischen her, dass der Buchgroßhändler KNV den PBS-Grossisten Schreyer in Metzingen übernommen hat. Zeit für eine durchaus kritische Zwischenbilanz, wie Oliver Voerster, Markus Fels und Jörn Lambertz bestätigen.

Oliver Voerster, Geschäftsführer KNV: „Wenig erfreut bin ich über die Zusammenarbeit mit manchen Industriepartnern, die dem Großhandel zu wenig Raum zum Leben lassen.“ (links). Markus Fels, Einkaufsleiter Schreyer und KNV: „Statt mit der Gießkanne Partner
Oliver Voerster, Geschäftsführer KNV: „Wenig erfreut bin ich über die Zusammenarbeit mit manchen Industriepartnern, die dem Großhandel zu wenig Raum zum Leben lassen.“ (links). Markus Fels, Einkaufsleiter Schreyer und KNV: „Statt mit der Gießkanne Partner gleichmäßig zu bedienen, sollte sich jeder Industriepartner fragen, wer sein strategischer Großhandelspartner der Zukunft ist.“ (Mitte). Jörn Lambertz, Vertriebsleiter Fachhandel bei Schreyer: „Wir werden unser Engagement im Bereich Online-Handel deutlich ausbauen.“( rechts).

Oliver Voerster, Geschäftsführer KNV: „Wenig erfreut bin ich über die Zusammenarbeit mit manchen Industriepartnern, die dem Großhandel zu wenig Raum zum Leben lassen.“ (links). Markus Fels, Einkaufsleiter Schreyer und KNV: „Statt mit der Gießkanne Partner gleichmäßig zu bedienen, sollte sich jeder Industriepartner fragen, wer sein strategischer Großhandelspartner der Zukunft ist.“ (Mitte). Jörn Lambertz, Vertriebsleiter Fachhandel bei Schreyer: „Wir werden unser Engagement im Bereich Online-Handel deutlich ausbauen.“( rechts).Herr Voerster, Übernahmen und vor allem die Integration gehen bekanntermaßen in den seltensten Fällen reibungslos über die Bühne. Wie sieht Ihre persönliche Zwischenbilanz der Schreyer-Akquisition aus?

Voerster: Als wir Schreyer übernommen haben, sind wir mit vielen strategischen Zielen gestartet. Hinzu kamen noch operative Ziele wie der Umzug des Schreyer-Lagers und der Verwaltung nach Stuttgart sowie die IT-Integration. Noch nie hat Schreyer an so vielen Themen und Projekten gearbeitet wie in den letzten zwei Jahren, und manchmal hatten wir den Eindruck, dass wir zu viele Dinge gleichzeitig angepackt haben. Stolz bin ich auf den Aufbau eines bundesweiten Außendienstes, auf die Erhöhung unserer elektronischen Bestellquote von 16 auf inzwischen über 40 Prozent, auf den Ausbau unseres Artikelangebots, auf die Entwicklung unseres sehr gut angenommenen Profit-Shops und auf unsere umfangreichen Marketingaktivitäten. Weniger erfreut bin ich über die Zusammenarbeit mit manchen Industriepartnern, die dem Großhandel zu wenig Raum zum Leben lassen oder ihn sogar versuchen zu verdrängen. Wir haben uns in den letzten zwei Jahren sicherlich zu sehr mit uns selbst beschäftigt und unsere Leistungsfähigkeit noch nicht so weit gesteigert, wie es notwendig gewesen wäre, um unsere Umsatzziele zu erreichen.

Mit neuen Mitarbeitern aus dem PBS-Umfeld sowie im Außendienst hatten Sie weniger Glück. Wie ist aktuell Schreyer personell und von der Marktbearbeitungspower her aufgestellt?

Voerster: Es ist ein ganz natürlicher Vorgang, dass ein neuer Eigentümer neue und alte Mitarbeiter erst einmal kennenlernen will und dann auch Personalentscheidungen trifft. Nach fast zwei Jahren haben wir uns Ende 2007 von etwas über zehn Mitarbeitern getrennt. Davon waren in einem ausgeglichenen Verhältnis neue und alte Mitarbeiter betroffen. Gerade im Vertrieb haben wir hervorragende neue Außendienstler hinzugewinnen können, die innovative Ansätze mitgebracht haben. Im Vergleich zu vor zwei Jahren sind wir heute deutlich stärker aufgestellt mit einer Mannschaft, die nicht nur an Qualität und Flexibilität dazugewonnen hat, sondern sich auch über neue Aufgaben freut.

Wie sehen Sie Schreyer im Wettbewerbsumfeld vom Anspruch einer bundesweit flächendeckenden Distribution positioniert – und wo gibt es noch grundlegenden Optimierungsbedarf sowohl in Richtung Fachhandel als auch LEH?

Voerster: Mit unserer leicht reduzierten Stärke von über 50 Mitarbeitern im Außen- und Innendienst haben wir definitiv einen schlagkräftigen bundesweiten Vertrieb. Eine der größten Herausforderungen für die PBS-Branche wird es sein, den Vertrieb so umzugestalten, dass Kosten und Umsatz in einer vernünftigen Relation stehen. Viel zu viele Kunden mit viel zu geringen Umsätzen werden heute sowohl von der Industrie als auch vom Großhandel besucht. Hier bleibt unglaub- lich viel Geld auf der Straße liegen, nur weil jeder den Fuß in der Tür haben will. Einen Kunden unter 2000 bis 3000 Euro Jahresumsatz zu besuchen macht keinen Sinn. Und wie sieht die Realität aus? Hier sollte eine Vertriebs-Revolution stattfinden, Verschwendung dringend beseitigt werden, und alternative Betreuungskonzepte sollten in enger Zusammenarbeit von Industrie und bundesweit agierenden Großhändlern aufgebaut werden. Auch im Lebensmitteleinzelhandel würde ich statt Verdrängung und Wettbewerb gerne eine margenunterstützende Kooperation zwischen Industrie und Großhandel sehen.

Unterstreicht das weiterhin große Interesse an Buch und PBS: KNVMesseauftritt auf der Frankfurter Buchmesse
Unterstreicht das weiterhin große Interesse an Buch und PBS: KNVMesseauftritt auf der Frankfurter Buchmesse

Unterstreicht das weiterhin große Interesse an Buch und PBS: KNVMesseauftritt auf der Frankfurter Buchmesse Herr Fels, Schreyer hat sich bislang vor allem mit buchnahen Papeterie-Sortimenten beschäftigt. Welche Rolle spielen Bürobedarf und damit gewerblich ausgerichtete Sortimente bzw. Handelskunden?

Fels: Wir werden bei der Richtung bleiben, die wir eingeschlagen haben, und setzen weiterhin auf die beiden Säulen Fachhandel und Lebensmitteleinzelhandel, dabei intensivieren wir die Zusammenarbeit mit den bisherigen Kundengruppen und sind trotz notwendiger Umstrukturierungen nach wie vor bundesweit präsent und aktiv. Der Schwerpunkt bei Schreyer ist und bleibt der Fachhandel, und wir wollen uns hier gezielt auch dem mittelständischen Fachhandel zuwenden, eine Einschränkung auf kleinere Kunden ist keine Perspektive. Beim Lebensmitteleinzelhandel werden wir in 2008 weitere Umsatz- potenziale und Deckungsbeitragspotenziale ausloten. Was den Bürobedarf betrifft: Dies ist aktuell kein strategisches Feld, in das wir gegenwärtig investieren. Aber wir schließen natürlich kein Wachstumspotenzial für die Zukunft aus. Die Entscheidung, das Angebot an buchnahen Sortimenten auszuweiten, war richtig. Diese Produktgruppen erfahren eine Akzeptanz sowohl im PBS- als auch im Buchhandel. Nach zwei Jahren sehen wir eine gute Entwicklung von PBS im Buchhandel.

Eine grundsätzliche Frage zu den Konditionen, mit denen ein (PBS-)Großhändler heute zurechtkommen muss. Reicht das derzeitige Gefüge aus, um beispielsweise notwendige Zukunftsinvestitionen tätigen zu können, und welche Veränderungen können Sie sich in der Zusammenarbeit mit der Industrie vorstellen?

Fels: Bei vielen Gesprächen mit Lieferanten, die wir in den vergangenen beiden Jahren geführt haben, wurde eines ganz deutlich: Die Industrie wünscht sich einen leistungsfähigen, IT-gestützten PBS-Großhandel, mit dem sie gemeinsam ihre Umsatzziele, Markenziele und die flächendeckende Einführung neuer Produkte erreichen kann. Solche Partner, die bundesweit agieren, gibt es gegenwärtig nicht. GfK-Zahlen zeigen jedoch, dass die Kunden des traditionellen Großhandels Markt- und Umsatzanteile verlieren, somit auch der Großhandelsanteil bestenfalls stagniert. Aus dieser Situation muss sich der professionelle Großhandel befreien, nur eine deckungsbeitragsorientierte Wachstumsstrategie führt in eine bessere leistungsfähigere Zukunft. Statt mit der Gießkanne Partner gleichmäßig zu bedienen, sollte sich jeder Industriepartner fragen, wer sein strategischer Großhandelspartner der Zukunft ist. Schreyer ist zu dieser strategischen Partnerschaft bereit, aber nur dann, wenn Wachstumspotenziale kurzfristig gemeinsam erschlossen werden. Eine völlig neue Zusammenarbeit zwischen Großhandel und Industriepartnern muss es auf gleicher Augenhöhe geben, die vertrieblichen Strukturen im Großhandel müssen grundlegend neu ausgerichtet werden, um die oben genannten Ziele zu erreichen. Um einen professionellen renditestarken Großhandel entwickeln zu können, bedarf es neuer Vertriebs- und Konditionenmodelle mit der Industrie. Der Großhändler der Zukunft wird seine Handelspartner aktiv durch Ladenkonzepte, Präsentationsleitlinien und Marketingkonzepte überzeugen. Statt völlig überzogener Verkäufe einzelner Displays wird er nachfrageorientiert und nachhaltig seine Kunden unterstützen. Ware muss immer noch geliefert werden, aber wie gesagt nur so viel, wie der Händler betriebswirtschaftlich benötigt. All diese neuen Funktionen des Großhandels müssen durch neue Konditionenmodelle abgedeckt werden. Dass große Kunden geringfügig geringere Konditionen als ein Großhändler mit einem Vielfachen des Umsatzes erhalten, ist nicht akzeptabel.

Herr Lambertz, Sie kennen KNV und damit Schreyer aus einem anderen Blickwinkel. Welche mittelfristigen Perspektiven sehen Sie für Ihr PBS-Engagement?

Lambertz: Schreyer wird vor allem durch genau diese Zusatzfunktionen, über die Herr Fels gesprochen hat, Profil zeigen und sich von direkten Mitbewerbern unterscheiden. Wir werden beispielsweise unser Engagement im Bereich Online-Handel ausbauen und unseren Außendienst intensiv für die gezielte betriebswirtschaftliche Beratung unserer Kunden schulen. Wir bieten Fulfillmentkonzepte für PBS-Fachhandelsgroßflächen und optimieren weiterhin unser Angebot, Systemkunden Rohdaten in allen Facetten zu liefern. Wir werden die Zusammenarbeit mit der Industrie und ausgewählten Markenherstellern intensivieren und die strategische Ausrichtung zum Buchhandel hin massiv ausbauen.

Schreyer nutzt erneut die Paperworld als Informationsplattform. Welche Themen stehen am Messestand im Fokus?

Lambertz: Ein Schwerpunktthema unseres Paperworld-Auftritts ist der Profi(t)-Shop, unser individuelles Shop-Konzept, das wir im vergangenen Jahr in Frankfurt erstmals vorgestellt haben und das überaus erfolgreich ist. Außerdem präsentieren wir die Themenwelten und informieren über die Sortimentserweiterung um 20 000 Bücher, Spiele, Kalender, Hörbücher und DVDs. Und wir stehen natürlich als kompetente Ansprechpartner für sämtliche Fragen der Händler und Lieferanten zur Verfügung und freuen uns auf interessante Gespräche.

www.schreyer-net.com, www.knv.de 

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