Mit Sinn für Traditionelles
- 27.09.2007
- Papeterie
- red.
Günstige Lage für S4-Schreibwaren: Die Fußgängerzone in der Altstadt lädt die Bad Kreuznacher zum Bummeln ein (links). Stolz auf seine dokumentenechte Original-Eisengallustinte, hergestellt von Gutenberg/Mainz: Kaufmann Georg Seitz (Mitte). Direktimport aus Italien: Das Firmenfahrzeug ist Transporter und Werbefläche in einem (rechts).Das rheinland-pfälzische Städtchen Bad Kreuznach hat mit seinen 44 000 Einwohnern einen eher beschaulichen Charakter. Die Fußgängerzone geht über in die Altstadt und weiter über die Nahe-Brücke mit den berühmten Brückenhäusern aus dem 15. Jahrhundert. Hierher zog es den gelernten Diplom-Holzwirt Georg Seitz, als er ein neues Ladenlokal für sein zwei Jahre zuvor eröffnetes Schreibwarengeschäft suchte. Die typische B-Lage war dem Kaufmann für sein neues Konzept gerade recht, Laufkundschaft ist nicht die Art Klientel, die er sich vorstellt. Hier in der Altstadt gehen die Leute abends bummeln und zum Essen, am nächsten Tag kommen sie zum Kaufen wieder, dieser Ansatz hat für Seitz funktioniert. „Ich habe hier kaum Billigkunden, und das ist gut so. Wir brauchen unsere Zeit für die A-Kunden”, kommentiert der 36-jährige Geschäftsmann. Ist der Großteil des Geschäftes durch den Kreativbereich und die vielen Vitrinen mit hochwertigen Schreibgeräten geprägt, befindet sich im hinteren Teil der Bürobedarf mit einem komprimierten Angebot. Bestellen können die Office-Kunden aber aus einer Auswahl von 160 000 Produkten. Sonderangebote für Verbrauchsartikel gibt es nicht, Umsatz pro Quadratmeter ist in diesem Segment die Maßgabe.
Einzugsgebiet für die reichhaltige Auswahl an Schreibgeräten ist laut Seitz die gesamte Rhein-Main-Schiene, die Kunden führen gerne fünfzig Kilometer für einen Besuch bei „S4”, die Entfernung wachse mit der Beratungsqualität. „Viele meiner Kunden gehören zur sogenannten Old School, sind eher konservativ”, so Seitz. Sie haben eine be-stimmte Auffassung von Beratungsqualität, sind abgeschreckt durch Werbeflut und suchen Ruhe im Bereich der hochwertigen Schreibgeräte. „Mein Laden ist nicht alt, aber in meinem Sinne traditionell und trifft so die Bedürfnisse der Zielgruppe”, beschreibt der Ladenbesitzer sein Konzept.
Hochwertiger, klassischer und eigener Charakter auch ohne Shop-in-Shop-Systeme (links). Georg Seitz und sein Azubi Sascha Fercher (von links) mit Kunden (rechts).Besonders im hochwertigen Segment spiele die Marke für den Fachhändler eine große Rolle, für den Erfolg müsse der Spagat zwischen Preis und Qualität gelingen. Der Fachhandel müsse sich auf seine Grundtugenden rückbesinnen, Freundlichkeit, Service, Beratungsqualität, Know-how. Das sind auch die Werte, die die „S4”-Kunden schätzen. Für Seitz ist diese Klientel ein eigener Markt, Kunden 50+, die keine Lust haben, drei Stunden im Internet nach einer bestimmten Kulimine zu suchen. Seitz führt daher über 300 Minen und Refills, das sei aber keine umsatzorientierte Entscheidung gewesen, sondern gehöre zum Service und folge dem Grundgedanken, niemanden wegzuschicken. Daher werden bei „S4” selbstverständlich alle Schreibgeräte auf Wunsch komplett gereinigt, inklusive Tintenleiter: „Das ist nicht nur Service, sondern erhöht auch die Verweildauer des Kunden im Laden,” beschreibt Seitz den Hintergrund. Man müsse sich schon ins Zeug legen, aber Mund-zu-Mund-Propaganda mit ein bisschen Einsatz sei am Ende billiger als große Werbekonzepte. „Kaufkräftige Kunden haben kaufkräftige Freunde”, schmunzelt Seitz, wenn er seine Klientel denkt.
Liebevoll und mit Blick aufs Detail dekoriert: der Kreativ- und SchreibgerätebereichDie Kenntnis der Schreibgeräte-Historie ist für den Geschäftsmann ein weiterer wichtiger Aspekt beim erfolgreichen Verkauf hochwertiger Schreibgeräte. Daher trifft er sich regelmäßig mit der Sammlergemeinde im Rahmen des Collegium Ars Scribendi. Als Hommage an die Veteranen der Schreibgerätebranche versteht Seitz die umfangreiche „Ahnengalerie”, die eine Wand des Ladens ziert. Mit dabei sind Kasper Faber, Guenter Wagner, Alonso Townsend Cross, Lewis Edson Waterman, Heinrich Koch und Rudolf Weber, George Sufford Parker, Walter A. Sheaffer, Armando Simoni, Wilhelm Riepe, C. Josef Lamy, Laszlo Josef Biro sowie Peter Winter und Wolfgang Weiss sowie Graf A. W. von Faber-Castell.
Das Thema Markenvielfalt ist für Seitz nicht nur aus historischer Sicht von Bedeutung. Nach und nach hat der Händler es geschafft, ein rundes und stimmiges Marken-Repertoire aufzubauen. Marken wie Waldmann, Cleo, Kaweco und Sheaffer, die nicht überall zu haben sind, spielen dabei eine große Rolle. Außerdem mache es Spaß, den Kunden bestimmte Marken wiederentdecken zu lassen. Wichtig bei der Auswahl der Marken ist für Seitz die Serviceleistung im After-Sales-Geschäft. Kulanz sei bei manchen Herstellern nicht selbstverständlich, könne aber bei einem 200-Euro-Schreibgerät erwartet werden. Reparaturen müssen auf Kulanzbasis gemacht werden, „Kulanz, die ich an meine Kunden weitergeben kann. “ „Faber-Castell hat mir auf meinem Weg sehr geholfen, besonders Herrn Hanek möchte ich an dieser Stelle danken, aber auch Herrn Börner mit Parker und Waterman”, bedankt sich Seitz bei den Herstellern.
Nach den erfolgreich verkauften, aber nicht so verbreiteten Marken gefragt, hebt Seitz zum Beispiel Kaweco hervor. Besonders mit Standardpatrone als Schulfüller geeignet, erhalte man hier viel Spaß für kleines Geld. Gut gehe ebenso Cleo Skribent mit dem „Chiffre 05” und „Chiffre 2000”. Auch Sheaffer erfuhr in diesem Jahr große Aufmerksamkeit durch die Abituraktion, promotet von der Sheaffer-Vertriebsagentur SC. Lucht, erzählt Seitz. Das habe die Marke explodieren lassen. In der Kleinstadt kämen die Kunden nicht einfach so, da müssen Aufmachung und Preis-/ Leistungs-Verhältnis stimmen, und die Werbemittel „waren perfekt durchorganisiert“, schließt Seitz.