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Das Büro im Jahr 2020

Die Büroarbeit wird sich weiter verändern, neue Techniken bedingen neue Anforderungen. Und der Fachhandel? Wie muss er sich ausrichten, um dem Kunden auch noch im Jahr 2020 passende Produkte und Dienstleistungen zu bieten? Eine Umfrage.

Die Digitalisierung verändert die Ansprüche an das Büro weiter: Wo führt der Weg hin? (Foto: Thinkstock 186036091)
Die Digitalisierung verändert die Ansprüche an das Büro weiter: Wo führt der Weg hin? (Foto: Thinkstock 186036091)

Der Fachhandel steht vor wichtigen strategischen Entscheidungen. Alle fragen sich: Wie sieht es aus, das Büro der Zukunft? Welche Anforderungen stellen die Kunden? Welche Sortimente und Leistungen werden gefragt sein? Schaut man auf die großen Bürobedarfshändler wie Staples, so lässt sich klar ein Trend zum weiteren Ausbau des Sortiments, zu Investitionen in den Online-Vertrieb und in die engere Verknüpfung der Vertriebskanäle erkennen – ein Trend auch für den inhabergeführten Fachhandel? Wir fragten nach bei mittelständisch geprägten, inhabergeführten Händlern, welche Veränderungen sie in den kommenden Jahren für die Arbeit in den Büros erwarten und wie sie sich strategisch aufstellen, um die künftigen Chancen des Marktes zu nutzen.

Das Büro-Center Rhein-Main in Frankfurt hat beispielsweise hat schon vor Jahren mit der Erweiterung des Sortiments hin zur Büroreinigung und zu Verbrauchsartikeln für Sanitärräume begonnen. „Der Wandel ist schon immer ein Begleiter des Handels gewesen. Wir glauben nicht, dass sich die grundlegenden Ansprüche unserer Kunden in den nächsten Jahren groß ändern werden“, erklärt Geschäftsführer Stefan Doorn. Beim Einzelhändler besinnt man sich angesichts unruhiger Zeiten auf die Grundlagen der guten Handelspraxis, nämlich: „Unseren Kunden einen Mehrwert gegenüber anderen Vertriebsformen und Wettbewerbern zu vermitteln.“ Das heißt auch, nicht immer zwingend der Günstigste sein zu müssen. Vielmehr sei es die Aufgabe des Händlers, trotz Google und Co., den Kunden bei der richtigen Auswahl ihrer Büroausstattung objektiv behilflich zu sein und fachmännisch zu beraten. Doorn bringt es auf den Punkt: „Qualität kostet, fehlende Qualität kostet mehr!“ Hierbei sei auch die qualitative Selektion der Händler durch die Hersteller von immenser Bedeutung, findet Doorn – Kommunikation auf Augenhöhe, Fachhandelstreue und innovative Produktentwicklungen, „letztendlich sind es ganz ähnliche Kriterien wie jene, die unsere Kunden an uns stellen.“

Sebastian Leipold, Geschäftsführer bei Hees Bürowelt in Siegen, sieht die technische Weiterentwicklung als Treiber der Veränderungen im Büro: „Aus meiner Sicht werden die Themen Big Data, Cloud Computing, Dokumentenmanagement-Systeme und Mobile Device bis 2020 eine große Auswirkung auf die Arbeitsweise der Menschen haben.“ Die Zentralisierung und schnelle Bereitstellung von Informationen und IT-Anwendungen schaffe neue Möglichkeiten und auch gewisse Freiheiten in der Gestaltung von Arbeitsabläufen. Daher richtet Leipold sein Unternehmen auf eine stärkere Nachfrage der Kunden nach flexibler Arbeitsplatzgestaltung und ortsunabhängiger Arbeitsplatzwahl aus. Durch den Trend zum mobilen Arbeiten, durch die ganze Flexibilisierung des Arbeitens, rechnet Leipold in den kommenden Jahren mit einer kurzfristigen Nachfragespitze für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit diesem Trend steht. Er fasst zusammen: „Die Bedürfnisse des Kunden rücken somit noch mehr in den Fokus und die Dienstleistungen und Produkte, die wir anbieten, müssen qualitativ hochwertig sein.“

STEFAN DOORN (Büro-Center Rhein-Main), SEBASTIAN LEIPOLD (Hees Bürowelt), BIRGIT HOLZMANN (Saueracker), CORDULA ADAMEK (Kaut-Bullinger) .
STEFAN DOORN (Büro-Center Rhein-Main), SEBASTIAN LEIPOLD (Hees Bürowelt), BIRGIT HOLZMANN (Saueracker), CORDULA ADAMEK (Kaut-Bullinger) .

Einen Mehrbedarf an Dienstleistungen erwartet auch Birgit Holzmann, Geschäftsführerin bei Saueracker in Nürnberg. Die Nähe zu den B2B-Kunden hat daher für die Unternehmerin oberste Priorität bei der strategischen Ausrichtung. Regelmäßig organisiert die Fachhändlerin VIP-Kundenevents – hier steht der Informationsbedarf des Kunden im Mittelpunkt. Und das Büro im Jahr 2020? „In Büros wird die Digitalisierung verbunden mit der Integration mobiler Endgeräte immer wichtiger werden“, glaubt Birgit Holzmann.

„Dokumentenworkflows müssen mobile Geräte integrieren können, so dass Informationen von unterwegs ohne Aufwand an die richtige Stelle abgelegt und gegebenenfalls gleich weiterverarbeitet werden können.“

Die Flut an zu verarbeitenden Informationen werde zunehmen, was bedeutet, dass Medienbrüche zwischen Information auf Papier und digitalen Informationen eliminiert werden müssen. „Der Mensch wird im Büro mehr im Mittelunkt stehen, gute Mitarbeiter werden für Unternehmen noch wertvoller sein“ – was zu Investitionen in Arbeitsplätze und eine hochwertige Gestaltung der Büroumgebung führen könnte. Dem Wunsch vieler Mitarbeiter zu entsprechen, und ihnen mehr Flexibilität zu ermöglichen, erfordere eine funktionierende IT und Kommunikationstechnik mit Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten in der so genannten Cloud. „Produkte, die dann deutlich mehr Beachtung finden werden, sind Lösungen aus dem Bereich Content Management. Sie können Prozesse des Kunden abbilden und ihren Workflow erleichtern“, so die Unternehmerin, die der MGW-Gruppe angehört.

Mehr Augenmerk auf Nachhaltigkeit

Birgit Holzmann verweist aber auch auf einen anderen Trend: die steigende Nachfrage nach umweltverträglichen Produkten durch vor allem kleine und mittlere Verwaltungen. „Bereits heute integrieren öffentliche Auftraggeber diese Produkte zunehmend in ihre Ausschreibungen.“ Bei Kunden aus der Industrie werde sich der Trend indes nicht derart stark durchsetzen, da durch den internationalen Preiswettbewerb meist der Preis der Produkte maßgebend sei und sich angesichts der großen Mengen die Preisdifferenz zwischen umweltverträglichen und konventionellen Produkten erheblich bemerkbar machten. „Hier erwarten wir eine stärkere Nachfrage am ehesten noch bei Konzernen, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen und die sich an hohen ethischen Standards messen lassen müssen.“

Erhalt der Arbeitskraft – Maßstab für künftige Büros

Eines der zentralen Themen der Aussteller auf der Orgatec-Messe in diesem Oktober wird die Gestaltung und die Ausstattung der Büros der Zukunft sein. Mobiles oder stationäres Büro – Stefan Doorn und sein Team von Büro Doorn sind sich sicher: „Das persönliche Miteinander ist auch im Jahr 2020 durch nichts zu ersetzen.“ Dennoch werde die Zahl von Mitarbeitern steigen, die mobil arbeiten können. Durch die reduzierten gemeinsamen Bürozeiten werde die Ausstattung in den Büros an Qualität gewinnen. Der Trend: „Eine farblich harmonische Atmosphäre, die zum Verweilen und Kommunizieren einlädt, wird uniforme und kalte Arbeitsumgebungen verdrängen“, erwartet Doorn – die Arbeitsumgebungen werden individueller, das heißt, die Anforderungen und Ansprüche steigen – und der Beratungsbedarf nimmt ebenfalls zu.

Aufgrund der geburtenschwachen Jahrgänge werde die „Ressource Mensch“ für die Unternehmen immer wertvoller. Zugleich verlängere sich das Arbeitsleben nach hinten, und der Erhalt der Arbeitskraft gewinnt an Bedeutung. „Daher wird vermehr auf die Vorlieben und Bedürfnisse einzelner Mitarbeiter eingegangen werden müssen, etwa bei der Auswahl des passenden Bürostuhls. Zusammengefasst sehen wir von Büro Doorn das Büro im Jahr 2020 individueller, farbenfroher und aufgeräumter, die Effizienz der Mitarbeiter wird zunehmen und gesundheitliche Bedürfnisse der Mitarbeiter finden in der Büroausstattung weit höhere Berücksichtigung als bislang.“

Cordula Adamek, Geschäftsführerin des Kaut-Bullinger Büro-Systemhauses, sieht einen Wandel bei den Kunden: „Die einen lieben das Home-Office, die anderen arbeiten einfach mobil von überall und wieder andere sitzen lieber in einem Großraumbüro, um sich auszutauschen. Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie ihre Kultur soweit öffnen, das alle Arbeitstypen vom Büro-Arbeiter über die ‚Home-office-Arbeiter bis zu den ‚Mobile-Worker‘ integriert werden können,“ unterstreicht Adamek. „Nur so bekommen die Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen die besten Köpfe und behalten sie auch langfristig – denn dazu gehört heute eindeutig mehr als lediglich den Mitarbeitern einen neuen Bürostuhl zu kaufen.“

Aufgabe und Herausforderung des Fachhandels sei es, diesen Ansprüchen zu entsprechen, die Räumlichkeiten optimal zu nutzen, effizient und den gesetzlichen Anforderungen entsprechend einzurichten, Ergonomie und Beleuchtung, Akustik und technische Workflows harmonisch miteinander zu verbinden – und auch kaufmännische Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Cordula Adamek erwartet: „Bereits in der Planungsphase muss daher eine flexible Nutzung des Einrichtungskonzepts berücksichtigt und langfristig sichergestellt werden.“

www.buero-doorn.de

www.hees-buerowelt.de

www.kaut-bullinger.de

www.saueracker.de

„Büro der Zukunft“

Freiheit beim Arbeiten macht produktiver

Einer der weltweit größten Anbieter von Büromöbeln, Steelcase, hat Büroarbeiter zu ihren Wünschen und Anforderungen befragt und zusammengefasst, wie das Büro der Zukunft aussehen könnte. Alles in allem machen Wahlmöglichkeiten eine als positiv empfundene Arbeitsumgebung aus. Das „ideale Büro“ bietet demnach:

1. Eine Vielzahl von Räumen, ein „System“ aus miteinander verknüpften Bereichen, die verschiedene Arbeitsweisen unterstützen (konzentriertes Arbeiten, Austausch usw.) und aus denen der Nutzer frei wählen kann.

2. Eine Vielzahl von Arbeitsstilen, eine Auswahl an Arbeitsplatzlösungen, die Menschen dazu animieren zu sitzen, zu stehen oder sich zu bewegen, indem sie die Arbeit mit verschiedenen Technologien unterstützen.

3. Eine Vielzahl von Präsenzen, die Unterstützung verschiedener physischer und virtueller Präsenzformen an Arbeitsplätzen, beispielsweise Videokonferenz-Systeme, die die Interaktion mit anderen Menschen fördern.

„Wer sich für jede Aufgabe die richtige Arbeitsumgebung und den richtigen Arbeitsstil aussuchen kann, ist zufriedener, motivierter und produktiver“, erklärt Beatriz Arantes, Psychologin und Forscherin des „Steelcase WorkSpace Futures Team“. Dies werde in Zukunft ein wichtiger Faktor für die Innovationskraft von Unternehmen sein. Das „mobile Arbeiten“ indes hält Steelcase für einen „Mythos“, bislang hätten erst 39 Prozent der für die Studie befragten Mitarbeiter die Möglichkeit, an mindestens einem Tag pro Woche von einem alternativen Arbeitsort aus zu arbeiten.

www.steelcase.de

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