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Erfolg braucht klare Profilierung

Egal, ob Streckenhändler oder Ladenbesitzer: Ohne klare Definition von Kundenzielgruppen sind Geschäftserfolge schwer zu erzielen. Das belegten die Referenten des diesjährigen Forum Bürowirtschaft eindrucksvoll.

Ulrich Backhausen, Geschäftsführer von Backhausen Bürotechnik, legt viel Wert auf tragfähige persönliche Beziehungen zum Kunden.
Ulrich Backhausen, Geschäftsführer von Backhausen Bürotechnik, legt viel Wert auf tragfähige persönliche Beziehungen zum Kunden.

Eine goldene Grundregel des Geschäftsalltags heißt: „Schärfen Sie Ihr Profil gegenüber dem Wettbewerb“. Was einfach klingt, hat viele Facetten. Jedes „Profil“ hat immer zwei Seiten: Jene, die man selber sieht und gestaltet und jenes Bild, das die Kunden vom eigenen Unternehmen haben. Stimmen Eigenbild und Fremdbild überein?

Bei der diesjährigen Veranstaltung des Forum Bürowirtschaft in Fulda Anfang Oktober stellten Fachhändler ihre Konzepte vor, um im Wettbewerb vorne zu stehen. Gemeinsames Merkmal der erfolgreichen Praxisberichte: Die Unternehmen haben ein klares Profil definiert und umgesetzt.

Andreas Kaapke, Moderator des Forum Bürowirtschaft und zugleich als Professor für Handelsmanagement und Handelsforschung bei der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart tätig, zeigte denn auch auf, was das Fachhändlerprofil ausmacht.

Dazu zählte er Convienience, Qualität, Image, Preis, Nähe sowie Vernetzung.

Olaf Schreiber, Geschäftsführer von Schreiber Bücher & Papier, erzielt Wachstum mit ungewöhnlichen Zusatzsortimenten.
Olaf Schreiber, Geschäftsführer von Schreiber Bücher & Papier, erzielt Wachstum mit ungewöhnlichen Zusatzsortimenten.

Mut zu überraschenden Sortimenten

Olaf Schreiber, Geschäftsführer von Schreiber, Bücher & Papier in Korbach berichtete auf dem BBW-Forum, wie er an seinem Profil als Händler in der Kreisstadt arbeitet: „Unsere Zielvorstellung haben wir klar definiert: Wir wollen generell das beste Einzelhandelsgeschäft im Ort sein – unabhängig vom Warenangebot.“ Das Profil sei letztlich das Resultat aus den beiden traditionellen Kernkompetenzen des Fachhändlers, also Büchern (Lesen) und PBS (Schreiben). „Beide wurden ergänzt durch unsere neu hinzugewonnene Kompetenz Schenken.“ Auf diesem Gebiet versuche man die Kunden immer wieder zu überraschen. Der Geschäftsführer experimentiert permanent mit neuen Sortimenten und probiert im Geschäftsfeld des Schenkens immer wieder Neues aus, seien es Rucksäcke, Handtaschen, DVDs, Seifen oder Ausstechformen. „Natürlich ist das eine Bewegung weg von der klassischen PBS-Branche“, ist sich Schreiber bewusst. „Doch allein mit den klassischen Themen unserer Branche haben wir keine Chance“, so die Schlussfolgerung des jungen Händlers. „Wir müssen natürlich einen Spagat schaffen: Zugleich die Kompetenz in den ‚alten‘ Sortimenten erhalten – sowohl quantitativ als auch qualitativ – und zugleich für die Kunden ‚spannend‘ zu bleiben, indem wir mit wechselnden Sortimenten arbeiten.“ In diesem Bereich sieht man bei Schreiber, Bücher & Papier Wachstumsmöglichkeiten – ohne das Alte aufzugeben.

Birgit Brauch, Geschäftsführerin von Brauch Büroorganisation, pflegt den Kontakt zu den Kunden auch über Facebook und Twitter.
Birgit Brauch, Geschäftsführerin von Brauch Büroorganisation, pflegt den Kontakt zu den Kunden auch über Facebook und Twitter.

Ein klares Bekenntnis für Profilierung im Fachhandel gab auch Dirk-Olaf Stroessel, Geschäftsführer des traditionsreichen Bonner Fachhändlers JF.Carthaus. Stroessel schilderte vor den Gästen des Forum Bürowirtschaft, wie zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung das Unternehmen in alten Strukturen verharrte. „Es war dringend notwendig, das Unternehmen strategisch neu auszurichten, um es auf die Zukunft auszurichten.“ Dafür sei ein Leitbild entwickelt worden, und zwar von innen, wie der Geschäftsführer betonte, „und nicht als Reaktion auf äußere Einflüsse.“ JF.Carthaus sieht sich als ein Stück Bonn, betont seine Tradition als Unternehmen seit 1852, mit der Ausrichtung auf Papier und Schreibkultur. Die „Marke“ JF.Carthaus habe ein Standing bei den Kunden, sie erwarten eine Präsentation von Produkten der Schreibkultur auf höchstem Niveau.

Thomas Rasehorn, Geschäftsführer von Schacht & Westerich, punktet mit Services im Internet bei den Kunden.
Thomas Rasehorn, Geschäftsführer von Schacht & Westerich, punktet mit Services im Internet bei den Kunden.

Peter Friedrich, der Geschäftsführer von Staedtler, hatte in seinem Einführungsvortrag dargelegt, wie die Veränderungen in der Lebenswelt der Kunden auch die Menschen verändert hätten: „Der Käufer ist ein hybrides Wesen“, erklärte er. „Das Sowohl-als-auch wird zum Regelfall von Kaufentscheidungen.“ Daher komme der Bequemlichkeit ein höherer Stellenwert zu als in der Vergangenheit. Für Hersteller wie Fachhändler bedeute dies, so Friedrich, dass man überall dort sein müsse, wo der Kunde es erwartet. „Die persönliche Empfehlung wird wichtiger“, sagte er im Hinblick auf die sozialen Netzwerke, Schwerpunktthema des Forum Bürowirtschaft 2011. „Diese Entwicklung bietet dem Fachhandel Chancen“, denn die persönliche Beziehung zum Kunden werde wichtiger, eine Entwicklung, die dem klassischen Einzelhandel zugute käme.

Dirk-Olaf Stroessel, Geschäftsführer JF.Carthaus, will den Unternehmensnamen über Bonn hinaus zu einer Marke machen.
Dirk-Olaf Stroessel, Geschäftsführer JF.Carthaus, will den Unternehmensnamen über Bonn hinaus zu einer Marke machen.

Welche Bedeutung die klare Positionierung in der Wahrnehmung des Kunden hat, betonen auch erfahrene Fachhändler, die nicht als Referenten in Fulda auftraten. Etwa Ulrich Backhausen, Geschäftsführer des Fachhandelsunternehmens Backhausen Bürotechnik aus Jülich. Er gibt zu bedenken: „Auch weiche Faktoren spielen in den Augen der Kunden eine ganz wichtige Rolle.“ Dazu zählt der Unternehmer auch sein Engagement im Einzelhandelsverband und im Stadtmarketing. „Wir kümmern uns um die Dinge in unserem Nahbereich und hoffen natürlich, dass dies von unseren Kunden wahrgenommen und letztlich honoriert wird.“ Als „weichen Faktor“ des Profils erwähnt Backhausen außerdem den Dialog mit den Kunden: „Wir haben uns als Unterzeichner des PBS-Ehrenkodex zum korrekten Umgang mit Geschäftspartnern verpflichtet, beispielsweise den wirtschaftlichen Vorteil einer Situation nicht auszunutzen, sondern immer im Sinne des Kunden zu handeln.“ Der Unternehmensslogan: „Kompetent.Kundenfreundlich.Familiär“ spiegle diese Einstellung wieder. Der Mensch steht im Mittelpunkt, gerade da durch die digitale Welt vieles unpersönlicher und anonymer wird. „Dem wollen wir mit Kompetenz und Freundlichkeit entgegenwirken“, sagt Backhausen.

Spezialist schlägt Generalist

Ein anderes Beispiel für gelungene Profilierung im Fachhandel bietet der IT-Ausstatter für Behörden und Bildungseinrichtungen Rednet aus Mainz. Unter der Führung von Vorstand Barbara Weitzel wagte Rednet nach seiner Gründung im Jahr 2004 die Spezialisierung auf eine Zielgruppe – und das mit allen Konsequenzen.

Barbara Weitzel, Vorstand der Rednet AG, hat mit der konsequenten Spezialisierung des Geschäfts Erfolge erzielt.
Barbara Weitzel, Vorstand der Rednet AG, hat mit der konsequenten Spezialisierung des Geschäfts Erfolge erzielt.

„Wir richteten uns voll auf den bis dahin eher stiefmütterlich behandelten Behördenbereich und dessen Bedürfnisse ein: Zielgruppengerechte IT, vertrieben von Experten im Bereich öffentliche Hand.“ Über Rahmenverträge mit verschiedenen Bundesländern kam auch bald die Ausstattung von Universitäten und Bildungseinrichtungen dazu. „Wir verzichteten ab diesem Zeitpunkt komplett auf die Bedienung des Mittelstandes und stiegen zu 100 Prozent in die mediale Unterstützung von Schulen und Bildungseinrichtungen ein – lange bevor Mitbewerber den Markt der Schul-IT als Investitionsquelle ausmachten“, berichtet Weitzel. Heute arbeitet die Rednet AG deutschlandweit für Behörden und Bildungseinrichtungen und kann den Anforderungen seiner Kunden gerecht werden, wie kaum ein zweites Unternehmen, betont die Chefin. Das Unternehmen hat seine Mitarbeiterzahl seit der Gründung verzehnfacht und den Umsatz in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt.

Wie ein Fachhändler zur Profilierung die neuen Medien einsetzt, das schilderte Birgit Brauch, die Geschäftsführerin der Büroorganisation Brauch aus Lünen, beim Forum Bürowirtschaft: Die Ladenchefin und Mutter wurde von den Mitschülern ihrer Tochter gefragt: „Haben Sie keine Facebook-Seite?“ Brauch erkannte den Bedarf und reagierte schnell. Inzwischen tritt die Händlerin regelmäßig auch via soziale Netzwerke mit ihren jungen Kunden in Kontakt. Der Aufwand sei nicht zu unterschätzen: Kontakte müssen gepflegt werden, Anfragen nachgegangen und Neuigkeiten für die Gemeinde der „Facebook-Freunde“ eingestellt werden. Aber: die Händlerin registriert seither mehr Anfragen und mehr Zugriffe auf ihre Internetseite. Was Bequemlichkeit im Einzelhandel bedeutet, wird offensichtlich von den Kunden sehr individuell interpretiert.

Moderator Andreas Kaapke verwies daher auch auf zusätzliche Kriterien, die zum Profilierung beim Kunden führen könnten: Faktoren, die ein jeder Fachhändler für sich gewichten und bestimmen muss: „Menschen kaufen immer zwei Dinge: ein Produkt und ein gutes Gefühl“, rief der Handelsexperte eine weitere goldene Regel des Einzelhandels den Zuhörern in Erinnerung. Eine emotionale Bindung zum Kunden aufzubauen sei das Entscheidende, um deren langfristige Loyalität zu gewinnen und sie zu positiven Empfehlungen im Bekanntenkreis zu animieren. Peter Friedrich hatte es in Fulda so formuliert: „Der Daumen rauf oder runter bei Facebook: Das sind persönliche Botschaften, die für einen potenziellen Kunden mehr Bedeutung haben als Werbebotschaften, die vom Hersteller produziert werden.“

Moderator Andreas Kaapke erklärt beim Forum Bürowirtschaft die Faktoren, die zur Profilierung eines Einzelhändlers beitragen.
Moderator Andreas Kaapke erklärt beim Forum Bürowirtschaft die Faktoren, die zur Profilierung eines Einzelhändlers beitragen.

Fachhändler müssen angesichts dieser gesellschaftlichen Trends ihr Agieren im Markt sauber definieren. Thomas Rasehorn, Geschäftsführer von Schacht & Westerich aus Hamburg zitierte in seinem Referat auf dem Forum Bürowirtschaft eine Studie des Beratungsunternehmens Sempora. Danach fänden es 98 Prozent der Käufer attraktiv, Produkte im Internet zu bestellen und in einem Fachgeschäft abzuholen, fünf bis zehn Prozent Mehrpreis würden von ihnen für diesen Service toleriert, so die Studie – eine weitere Möglichkeit, dem Kunden Bequemlichkeit zu bieten. Egal, ob Streckenhandel oder Einzelhandel, egal, ob Papeterie oder IT-Dienstleister: Grundlegend für das erfolgreiche Bestehen am Markt sind die Definition der eigenen Zielgruppe und die konsequente Ausrichtung von Unternehmen und Mitarbeiter auf die Bedürfnisse dieser Zielgruppe.

www.bbw-online.de

Forum Bürowirtschaft in Fulda

Rund 200 Gäste aus Handel, Großhandel und Industrie kamen Anfang Oktober zum Forum Bürowirtschaft unter dem Titel: „Auf Reviersuche: Platzhirsch oder Aufbruch mit Social Media?“ Neben Beispielen erfolgreicher Geschäftsentwicklung standen die Trendthemen Multichannel, soziale Netzwerke und Online-Vertrieb im Mittelpunkt. Ralf Bürkle von der Mannheim Business School gab zu bedenken, dass schon drei Viertel aller Internetnutzer in einem sozialen Netzwerk angemeldet seien. Besonders junge Menschen nutzten diese Plattformen zur Kommunikation, entsprechend zeigen sich auch immer mehr Markenanbieter wie Coca-Cola, Lufthansa aber auch Branchenunternehmen wie Filofax oder das Bürocenter Butzbach auf den Plattformen der sozialen Netzwerke. Klar wurde: Die Nutzung der sozialen Netzwerke kostet dem Fachhändler Einarbeitung und Pflegeaufwand und wirft bislang kaum messbaren finanziellen Gewinn ab.

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