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Die Preisspirale kommt in Schwung

In der Bürowirtschaft stehen deutliche Preiserhöhungen vor der Tür. Auf was muss sich der Handel einstellen? Gelingt eine Weitergabe an den Endkunden – und in welchem Umfang? Wir fragten nach bei Lieferanten und Händlern.

Horst-Werner Maier-Hunke
Horst-Werner Maier-Hunke

Meldungen zu angekündigten Preiserhöhungen finden aufmerksame Leser schon seit Monaten verstärkt in unserem Internet-Ticker und in den verschiedenen Printausgaben. Waren es zuerst die Papierhersteller, und in direkter Verbindung der Papiergroßhandel, die mit der Begründung der Rohstoffverknappung und höheren Energie- und Lohnkosten Preiserhöhungen durchsetzen wollten, so hat sich inzwischen eine breite Ankündigungswelle formiert.

3M, einer der großen, international aufgestellten Mischkonzerne, der auch in der Bürobranche eine gewichtige Rolle spielt, hatte es Ende März beispielhaft kommuniziert: „Die meisten Preise für Rohstoffe haben neue Höchststände erreicht, durch starkes, globales Wachstum – vor allem im asiatisch/pazifischen Raum – kommt es zum Teil zu erheblichen Kapazitätsengpässen und damit verbundenen Preissteigerungen auch bei Halb- und Fertigwaren, und die Energiekosten für eine fertigungsintensive Industrie steigen ebenfalls kräftig.“ Vor diesem Hintergrund sieht sich das Neusser Multi-Technologieunternehmen zu deutlichen Preisanpassungen von vier bis neun Prozent bei seinem gesamten Produktspektrum gezwungen. „In Extremfällen, wo wir beispielsweise exorbitante Erhöhungen bei Rohstoffen zu verzeichnen haben“, so 3M-Managing Director Günter Greßler, „sind wir sogar zu noch höheren Steigerungen im zweistelligen Prozentbereich gezwungen.

Hubert Haizmann
Hubert Haizmann

Wir versuchen zwar seit Langem, die Preissteigerungen externer Lieferanten durch Prozessoptimierungen und starkes Kostenmanagement aufzufangen. Dies ist uns aktuell leider nicht mehr möglich.“

Diese Entwicklung und „ein Allzeithoch bei Einkaufspreisen“ bestätigt auch der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der im Februar auf den höchsten Stand seit seiner Einführung im April 1996 gestiegen ist. „Auch wenn die Rekordmarke des EMI für die Robustheit der deutschen Konjunktur spricht, gestaltet sich die Beschaffung in den Unternehmen zunehmend schwieriger“, so Holger Hildebrandt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME), der sich intensiv mit dieser Thematik befasst. Die Preisspirale dürfte laut Hildebrandt die Inflation anheizen. Der Kostendruck in der deutschen Industrie hätte auch zur Folge, dass die Einkäufer den Zukauf an Vormaterialien deutlich forcierten, um den gestiegenen Produktionsanforderungen zu entsprechen und um Sicherheitslager aufzubauen. Sie sehen sich zunehmend mit Engpässen und immer längeren Lieferzeiten konfrontiert.

Thomas Roßberger
Thomas Roßberger

Drastische Situation bei manchen Lieferanten

Auch die Hersteller von PBS- und Büroprodukten sind von weiter steigenden Rohstoff-, Energie- und Lohnkosten betroffen. „Hier sind wir speziell bei den Rohstoffen mit einer Situation konfrontiert, wie ich sie so noch nie erlebt habe“, bestätigt der situationserfahrene Durable-Chef Horst-Werner Maier-Hunke. „Und ein Ende dieser Entwicklung, vor allem bei den Rohstoffkosten für Produkte aus Kunststoff, ist zur Zeit nicht abzusehen.“ Noch konkreter wird Frank Groß, Geschäftsführer bei Schneider Schreibgeräte in Schramberg: „Je nach Kunststofftyp sind in den letzten zwölf Monaten die Kosten um 20 bis 40 Prozent gestiegen, und wir gehen in den nächsten Monaten von weiteren Kostensteigerungen in gleicher Höhe aus.“ Getrieben werde die Preisentwicklung sowohl bei den Kunststoffen als auch im Metallbereich von einer sehr hohen Nachfrage, die zunehmend Verfügbarkeitsprobleme bei einzelnen Rohstoffen verursache. Diese grundlegende Tendenz bestätigt Krug & Priester-Geschäftsführer Hubert Haizmann: „Ein wesentliches Problem für uns besteht darin, dass wir trotz Rahmenverträgen in den letzten Monaten von einer Rohstoffknappheit und damit einhergehenden Lieferengpässen zum Beispiel im Stahlbereich und bei Elektronik-Bauteilen betroffen waren.

Frank Groß
Frank Groß

In den meisten Fällen bekamen wir die entsprechenden Lieferungen, jedoch zum Teil mit extremen zeitlichen Verzögerungen.“ Zu ähnlichen übergreifenden Ergebnissen kommt auch Faber-Castell-Geschäftsführer Rolf Schifferens: „Wir erleben derzeit dramatische Veränderungen an den Rohstoffmärkten. Steigende Nachfrage weltweit, Rohstoffverknappung bzw. Unsicherheiten und Spekulationen in den Teilbereichen führen kurzfristig zu deutlichen Preisaufschlägen. Der mittel- und langfristige Trend zeigt ebenfalls deutlich nach oben.“

Bleibt die alles entscheidende Frage nach der Durchsetzbarkeit von Preiserhöhungen. „Die extremen Kostensteigerungen werden vermutlich nur zu einem Teil in Form von Preisanpassungen im Markt umsetzbar sein“, zeigt sich Frank Groß realistisch. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass eine Weitergabe an den Handel bzw. nachgelagert an den Endkunden erst mit einem gewissen Zeitverzug erfolgen könne, was die Auswirkungen des Kostenanstiegs für die Industrie noch verschärfen würde. Überflüssige Diskussionen mit dem Handel befürchtet auch Thomas Roßberger, General Manager beim Briefumschlag-Hersteller Petersen Allpa: „Preiserhöhungen finden derzeit in nahezu allen Industriezweigen statt. Der große Unterschied zu unserer Branche ist, dass es hier unglaublich schwierig ist, diese auch durchzusetzen.“ Dass vermutlich nur ein Teil der extremen Kostensteigerungen in Form von Preisanpassungen im Markt umsetzbar sei, erwartet auch Rolf Schifferens. Dennoch gehen er und Horst-Werner Maier-Hunke davon aus, dass die Endverbraucher für die nächsten Jahre mit Preissteigerungen rechnen müssen.

Rolf Schifferens
Rolf Schifferens

Mitunter schwierige Lage im Handel

Preissteigerungen und deren Durchsetzbarkeit beim Endkunden sind im Handel aufgrund der verschärften Wettbewerbssituation ein sensibles Thema. Recht gelassen sieht es Michael Meuel, Geschäftsführer beim Fachhandelsunternehmen Hugo Hamann in Kiel: „Für die wichtigen Artikel haben wir für das jeweils laufende Jahr in der Regel Festpreise mit den Lieferanten vereinbart, ansonsten rechnen wir mit moderaten Preissteigerungen von zwei bis drei Prozent.“ Bert Roscher vom Team Roscher in Weiden befürchtet, dass es nach den politischen Wirren im arabischen Raum und der Umweltkatastrophe in Japan nicht bei den jetzigen Erhöhungen bleiben wird. „Wir von der GdB haben Festpreise bis Ende des Jahres; Preiserhöhungen im Tinte-/Toner-Bereich und bei Papier werden wir jedoch wohl tragen müssen.“ Wenig begeistert von der aktuellen Situation zeigt sich Jochen Weber, Merchandising Director Central Europe bei Staples: „Die Preiserhöhungen wurden uns angekündigt und teilweise auch schon umgesetzt. Wir sind mit dieser Situation sehr unzufrieden, denn als Handelsunternehmen müssen wir natürlich auch dafür sorgen, dass unsere Profitabilität erhalten bleibt. Das gilt für alle Sparten vom Einzelhandel bis zum Katalog- und Vertragskundengeschäft.“ Ähnlich kritisch sieht es Lyreco-Deutschland-Chef Eugène Sterken, der darauf verweist, dass die Preisgespräche gerade erst beendet worden seien. Er baut zudem auf langfristige Verträge und die Einkaufsmacht des Global Players. Wo Preiserhöhungen aufgrund der Rohstoffverknappung zwingend notwendig und vor allem nachvollziehbar seien, würde man sie allerdings auch akzeptieren und an die Endkunden weitergeben. Gute Chancen, höhere Preise weiterreichen zu können, sieht Michael Meuel: „Unsere Kunden sind in der Regel von den Verteuerungen im Energie- und Rohstoffbereich genauso betroffen wie wir.

Michael Meuel, Bert Roscher, Eugène Sterken, Jochen Weber (v.l.n.r.)
Michael Meuel, Bert Roscher, Eugène Sterken, Jochen Weber (v.l.n.r.)

Wir sehen daher gute Möglichkeiten, Preissteigerungen weitergeben zu können, sofern nicht Festpreise vereinbart worden sind.“ Bert Roscher geht dagegen davon aus, dass Preiserhöhungen nicht voll an die Kunden weitergegeben werden können. Dafür sorge schon der Wettbewerb. Gerade in dieser Situation gelte es, „mit dem spitzen Bleistift differenziert zu kalkulieren.“ Als echte, große Herausforderung bewertet Jochen Weber die Situation: „Wir versuchen natürlich, wenn möglich Preissteigerungen an die Kunden sowohl in den Fachmärkten als auch im Vertragskundengeschäft weiterzugeben. Gleichzeitig steuern wir dagegen, indem wir unsere Kosten weiter optimieren. Das Gleiche erwarten wir allerdings auch von unseren Partnern aus der Industrie.“

Meinungen aus den Kooperationen:

Nachgefragt bei Benedikt Erdmann (Soennecken) und Ute Suberg (Büroring)

Ihre Büroprodukte-Lieferanten haben aufgrund der Rohstoff- und Energieverteuerung sowie der sich abzeichnenden Lohnerhöhungen teilweise massive Preiserhöhungen angekündigt. Wie beurteilen Sie die Situation?

Benedikt Erdmann
Benedikt Erdmann

Erdmann: Durch die aktuelle Rohstoffpreisentwicklung werden wir vor allem bei Produkten mit hohem Kunststoff- bzw. Papieranteil mit dem Wunsch nach deutlichen Preiserhöhungen konfrontiert. Besonders betroffen sind davon Eigenmarkenartikel, da diese in der Kalkulation enger am Rohstoffpreis angelehnt sind als Markenartikel, zumal wir dort weitgehend Preisvereinbarungen mit längerer Laufzeit haben. Natürlich versuchen wir, Preiserhöhungen abzuwehren bzw. in der Höhe oder der Laufzeit zu begrenzen. Aber wir sehen natürlich auch die Veränderungen an den Rohstoffmärkten und akzeptieren auch die betriebswirtschaftlichen Zwänge unserer Lieferanten – sofern diese begründet und für uns nachvollziehbar sind. Das Erdbeben in Japan nutzen insbesondere Speichermedienhersteller, um Preise zu erhöhen. Die Papierindustrie versucht das Thema ebenfalls aufzunehmen, hier fehlen aber stichhaltige Argumentationsketten.

Suberg: Konkret liegen uns Ankündigungen für Preiserhöhungen in den Bereichen Büropapiere wie Kopierpapier und Briefumschläge, Kautschukprodukte wie beispielsweise Gummiringe, Luftpolstertaschen und PP-Produkte wie Prospekthüllen oder Aktenhüllen vor. Allerdings können wir nicht feststellen, dass es sich dabei um massive Preissteigerungen handelt.

Wie sehen Sie die Chancen, die Preiserhöhungen vollständig an Ihre Mitglieder bzw. diese an Ihre Kunden weitergeben zu können?

Ute Suberg
Ute Suberg

Erdmann: Preiserhöhungen bergen auch Chancen – nicht zuletzt für unsere Mitglieder. Neben der Preisgestaltung bleibt die Qualität der Waren und Dienstleistungen natürlich ein ganz entscheidender Faktor. Die eigenen Stärken müssen ebenso wie die Gründe für die Preispolitik offen und selbstbewusst kommuniziert werden. Sofern Preiserhöhungen im Rahmen bleiben und argumentierbar sind, halte ich sie unter diesen Voraussetzungen für umsetzbar.

Suberg: Wir arbeiten mit unseren Lieferanten meist seit vielen Jahren partnerschaftlich und vertrauensvoll zusammen, und auch aufgrund unseres hohen Umsatzvolumens als Genossenschaft haben wir im Markt ein gutes Standing. Aus diesem Grund haben wir für unsere Katalogartikel langfristige Preisgültigkeiten mit unseren Lieferanten vereinbart. Sind mittelfristig Preisanpassungen tatsächlich unumgänglich, dann werden wir sie gemeinsam mit unseren Lieferanten einvernehmlich umsetzen.

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