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Pole-Position für den Fachhandel

Am Multichannel-Vertrieb führt kein Weg vorbei, wie eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts ibi research zeigt. Mit welcher Strategie kann sich der PBS-Fachhandel erfolgreich in Stellung bringen?

Die meisten Kunden denken nicht in Vertriebskanälen – das trifft sowohl auf private Konsumenten wie auch auf Geschäftskunden zu. Neben dem lokalen Ladengeschäft, dem Katalog und dem Online-Shop sind es vor allem die mobilen Vertriebswege, die in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen haben. Allerdings reicht es im Allgemeinen nicht, in einem bestimmten Kanal präsent zu sein, notwendig wird zumeist eine stimmige Multi-Kanal-Strategie. Der Handel steht somit vor der Herausforderung, sich den Gegebenheiten ständig neu anpassen zu müssen.

Vier von fünf Kunden nutzen inzwischen das Internet, um vor dem Kauf online zu recherchieren. Nur bei wenigen Artikeln, wie beispielsweise Hautcremes, so das Ergebnis einer aktuellen Endkundenbefragung, die das Forschungsinstitut ibi research an der Universität Regensburg zusammen mit dem Partnerkonsortium des E-Commerce-Leitfadens durchgeführt hat, stellt das World Wide Web nicht den wichtigsten Informationskanal vor dem Kauf dar. Erst auf den weiteren Plätzen folgen die Information im Fachhandel und die Befragung von Freunden und Bekannten. Bei der Online-Recherche nutzen mehr als drei Viertel der Konsumenten Suchmaschinen, dicht gefolgt vom direkten Aufruf eines Online-Shops mittels Eingabe der Webadresse.

Informationssuche in einem Vertriebskanal vor dem Kauf in einem anderen Kanal: So geht beispielsweise 32,9 Prozent der Bestellungen in Online-Shops eine persönliche Beratung voraus; diese Bestellungen entsprechen 74,6 Prozent der Umsatzes in Online-Shops.
Informationssuche in einem Vertriebskanal vor dem Kauf in einem anderen Kanal: So geht beispielsweise 32,9 Prozent der Bestellungen in Online-Shops eine persönliche Beratung voraus; diese Bestellungen entsprechen 74,6 Prozent der Umsatzes in Online-Shops.

Auch die Hersteller sind gefordert: 55 Prozent der Kunden informieren sich vorab auf der Website des Produzenten über ein bestimmtes Produkt. Und besonders bei hochpreisigen Artikeln ist der gedruckte Katalog offensichtlich für viele Konsumenten weiter ein wichtiger Informationskanal. So möchte sich beispielsweise jeder Fünfte bei Schuhen und Rucksäcken über Kataloge informieren. Bei Uhren liegt dieser Wert deutlich höher. Die Studie zeigt, dass Kunden dabei vor allem auf die einfache Handhabung des Katalogs Wert legen. Die Leser schätzen insbesondere auch eine ansprechende grafische Aufbereitung mit vielen Bildern, die zum Beispiel dazu einlädt, auf dem Sofa gemütlich durch den Katalog zu blättern.

Mehr Anreize für die Mehrkanal-Nutzung

Aber welche Möglichkeiten gibt es überhaupt, dem eigenen Kunden auch die Nutzung anderer Vertriebskanäle schmackhaft zu machen? Die Erhebung zeigt, das sich knapp die Hälfte der Befragten durch verschiedene Anreize dazu motivieren lässt. Die Abholung vor Ort hat dabei einen Zuspruch von 47 Prozent. Bricht man diese Kennzahl auf die einzelnen Produkte herunter, haben insbesondere teurere Artikel hier größere Zustimmungsraten. Für die Selbstabholung vor Ort sprechen aus Sicht der Kunden, die Ersparnis von Versandkosten sowie verschiedene Komfortfaktoren: „Ich muss bei der Anlieferung nicht zu Hause sein“ und „Es geht schneller“. Als Entfernung zum Laden-geschäft würden 56 Prozent der Konsumenten maximal fünf Kilometer in Kauf nehmen, für weitere 38 Prozent kommen bis zu 20 Kilometer in Betracht.

Eine weitere Anreizquelle, Kunden auf bestimmte Kanäle zu lotsen, sind Gutscheine. Als Motivation, den Onlineshop aufzusuchen, können diese für Besucher des stationären Geschäfts eingesetzt werden. Ebenso besteht die Möglichkeit, für Online-Shopper einen Anreiz zu schaffen, ein Geschäft vor Ort aufzusuchen. Von den Kunden, die ein Produkt lieber im lokalen Laden­geschäft kaufen möchten, lässt sich mehr als die Hälfte durch das Angebot eines 5-Euro-Einkaufsgutscheins zum Aufruf des Online-Shops bewegen.

Selbstverständlich lassen sich zur Interaktion mit Interessenten und Kunden nutzen die Möglichkeiten nutzen, die „Facebook“, „Xing“ oder „Twitter“ bieten. Eine deutliche Mehrheit der Befragten sind derzeit aktive Nutzer von sozialen Netzwerken. Unter diesen spielt „Facebook“ aktuell die größte Rolle mit einem Anteil von 87 Prozent.

Auf dem zweiten Rang folgt das Geschäftsnetzwerk „Xing“ mit 74 Prozent. Weit abgeschlagen sind inzwischen die „VZ“-Netzwerke. „Über 70 Prozent der Befragten nutzen soziale Netzwerke, jedoch nur ein kleiner Teil will sich in diesen Netzwerken über Produkte informieren“, erklärt Georg Wittmann, der bei ibi research für das Projekt „E-Commerce-Leitfaden“ mitverantwortlich ist. Die Beziehungsaufnahme mit dem Unternehmen erfolgt dabei in der Regel über den Klick des „Gefällt mir“-Buttons auf der Fanseite eines Online-Händlers.

Anreiz für den Besuch eines weiteren Kanals: Ein 5-Euro-Gutschein motiviert gut die Hälfte der Befragten.
Anreiz für den Besuch eines weiteren Kanals: Ein 5-Euro-Gutschein motiviert gut die Hälfte der Befragten.

Multichannel und das B2B-Geschäft

Ähnlich wie im Endkundengeschäft werden im B2B-Bereich während des Kaufentscheidungsprozesses unterschiedliche Kanäle kombiniert. Wie stark der wechselseitige Einfluss der verschiedenen Kanäle im B2B-Geschäft tatsächlich ist, hat das E-Commerce Center (ECC) Handel in Zusammenarbeit mit der Hybris GmbH auf Basis einer Befragung von 1047 Unternehmen aus der DACH-Region analysiert. Die Studie „Das Informations- und Kaufverhalten von Geschäftskunden im B2B-Multichannel-Vertrieb – Status quo und Parallelen zum B2C-Handel“ zeigt: Multichannel-Käufe stehen auch bei Geschäftskunden auf der Tagesordnung. Das Internet ist dabei auch hier Informationsquelle Nummer eins. So haben sich vor dem Kauf im persönlichen Kontakt etwa 72 Prozent und vor der Bestellung über ein Print-Medium 61 Prozent der Kunden online informiert. Suchmaschinen sowie Marken- oder Herstellerwebsites werden dabei am häufigsten zu Rate gezogen.

Persönlicher Kontakt wichtiger Impulsgeber

Für den B2B-Bereich spielt der persönliche Kontakt im Kaufentscheidungsprozess eine besonders wichtige Rolle. Sowohl der Erfolg von Online-Shops als auch vor allem die Umsätze über Print-Medien sind eng mit einem vorangegangenen persönlichen Beratungsgespräch, beispielsweise auf Messen, verknüpft. So werden 74,6 Prozent der Umsätze in Online-Shops von Kunden erzielt, die sich zuvor in einem persönlichen Gespräch informiert haben. Bei Print-Bestellungen macht der persönliche Kontakt sogar 92,5 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Auch die Print-Medien selbst dienen als wichtiger Impulsgeber: 36,2 Prozent der Käufer in Online-Shops haben sich zuvor in Katalogen oder Broschüren über die angebotenen Produkte und Leistungen informiert. „Kanalübergreifendes Kaufverhalten ist mittlerweile auch im B2B-Geschäft Realität. Kunden übertragen ihr privates Multichannel-Verhalten mehr und mehr in ihren Geschäftsalltag. Anbieter sind hier also gefordert auch für den B2B-Bereich kanalübergreifende Mehrwerte zu schaffen“, so Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln.

Die Gründe, warum Kunden zwischen den unterschiedlichen Vertriebstypen wechseln, sind vielfältig. Die Hauptgründe für einen Kanalwechsel hin zum persönlichen Kontakt sind der Wunsch nach Beratung sowie das Sehen oder Anfassen der Produkte etwa während einer Präsentation. Der Wechsel in die Distanzvertriebskanäle ist häufig durch die Suche nach weiterführenden Produkt- oder Preisinformationen motiviert.

„Geschäftskunden sind immer auch Verbraucher. Natürlich findet der ,Kauf‘ in anderem Kontext statt, aber der Serviceanspruch ist der gleiche. Als Kunde ist man es gewohnt, heute jederzeit und überall betreut zu werden und das legt man im Geschäftsalltag nicht einfach ab“, erklärt Mark Holenstein, Vice President Central Europe bei Hybris. „Daher ist es für B2B-Unternehmen höchste Zeit, zum einen die statischen, unpersönlichen und häufig unkomfortablen Online-Präsenzen durch moderne, relevante und personalisierte Websites auszutauschen und zum anderen durch die Verzahnung der verschiedenen Kanäle auf das veränderte Geschäftskundenverhalten zu reagieren.“

www.ecc-handel.de

www.ibi.de

Nachgefragt bei...

... Ingo Dewitz, Vorstand Büroring

Das Thema Multichannel ist derzeit in aller Munde. Auf welche Veränderungen müssen sich die PBS- und IT-Branche in nächster Zeit einstellen?

Die digitalisierte, virtualisierte Welt steht unmittelbar bevor. Das Thema Cloud-Computing ist ganz elementar. Traditionelle Produktbereiche sind schneller gefährdet als wir vermuten. Dieser Paradigmenwechsel ist für mich so gewaltig wie die Einführung des Internets und diese Entwicklung sollte eine Multichannel-Vermarktungsstrategie und Kommunikation berücksichtigen.

Wo sehen Sie dabei die größten Herausforderungen für den Handel?

Der Multichannel-Ansatz muss durch abgestimmte Vertriebs- und Marketingmaßnahmen getrieben werden. Diese ganz wichtige Aufgabe stellt jedoch oftmals den Schwachpunkt im Handel dar. Nämlich eine unkoordinierte, nicht abteilungsübergreifend abgestimmte und somit ineffektive Kundenansprache.

Was kann der Büroring in diesem Zusammenhang leisten?

Ingo Dewitz
Ingo Dewitz

Der Händler kann ein über uns bereit gestelltes CRM-Tool nutzen, in dem er seine Ziel- oder Endkundendaten bereitstellt. Wir entwickeln mit ihm gemeinsam eine klare Zieldefinition sowie eine abgestimmte Medien- und Kampagnenplanung. Je nach Interessenlage stellen wir einen breiten Baukasten bereit. Der beginnt bei der Bereitstellung entsprechender Medien, dem automatisierten Versand, Telemarketing-Aktivitäten bis hin zur Erfolgskontrolle und der automatisierten aktivierten Folgemaßnahme.

Welche Voraussetzungen müssen Händler schaffen, die sich aktiv beteiligen möchten?

Der Fachhändler sollte bereit sein, diese neue Sichtweise zu teilen und darf seine Medienplanung nicht weiterhin nach seinem Bauchgefühl steuern. Er muss bereit sein, entsprechende Ressourcen zu investieren und sich neuen Märkten und einem geänderten Marktverhalten zu stellen. Er sollte eine unbeirrbare Sicht entwickeln, dass er – der lokale Handelspartner vor Ort mit besten Voraussetzungen und starkem Service – das Geschäft in der Hand hat, nicht ein anonymer Global oder E-Commerce-Anbieter.

Wie sieht das Timing aus?

Wir sind derzeit bei der entscheidenden Auswahl des richtigen CRM-Systems. Die Marketing-Tools und die Logistik sind bereits vorhanden, das zentrale Shop-System wird Mitte des Jahres live geschaltet werden können. Zudem verfügen wir über die Printmedien, die begleitenden Medien für das E-Commerce-Geschäft.

Welche Ziele möchten Sie mit diesem Multichannel-Ansatz erreichen?

Es gibt in der gesamten deutschen Wirtschaft wenig Branchen, in denen eine so stabile Handelsstruktur existiert wie in der Bürowirtschaft. Außerdem gibt es kaum Absatzmittler, die für eine Multichannel-Vermarktung so prädestiniert sind wie unser Fachhandel. Endkunden in der Größenordnung von ein bis 200 PC-Arbeitsplätzen bedienen sich immer noch bevorzugt unseres Fachhandels, denn der Service ist einzigartig! Hinzu kommt, dass neue Lösungen aus der Cloud immer leichter von nicht IT-affinen Handelspartnern vermarktbar sind und der Handel sich dem öffnen sollte. Dies alles führt zu dem Schluss, dass sich der Handel mit Hilfe einer gut umgesetzten Multichannel-Strategie in eine Pole-Position bringt und Vorteile gegenüber seinen Wettbewerbern erarbeitet. Die Ziele sind eine Umsatz- und Ertragssteigerung, die Ausnutzung der Möglichkeiten des Cross- und Up-Sellings, die Eroberung neuer Märkte sowie das gesamtheitliche Bedienen des Endkunden aus einer Hand.

www.bueroring.de

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