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Der Blick in die Handels-Zukunft

Der Handel steht vor weitgreifenden Veränderungen. Anregungen und Denkanstöße, wie sich Händler auf die kommenden Jahre vorbereiten können, gibt die Studie „MegaTrends 2020“ von Ulrich Eggert Consulting.

„Wie mag es denn weitergehen in den nächsten zehn Jahren im deutschen Handel?“ lautet die zentrale Frage, mit der sich Ulrich Eggert in seiner rund 500 Seiten umfassenden Studie beschäftigt hat. Dabei startet er mit einer durchaus nüchtern wirkenden Beschreibung der Ist-Situation: „Das Pro-Kopf-Einkommen der deutschen Bevölkerung ist netto real seit 1991 nicht mehr gestiegen – im Gegenteil, es ist um mehr als fünf Prozent gesunken“, so Eggert, „Daher ist es denn auch kein Wunder, dass in der gleichen Zeit die Handelsumsätze auch nur nominal gestiegen sind, aber nicht real.“ Gleichzeitig seien aber in Deutschland die Verkaufsflächen im Handel um beinahe 50 Prozent ausgebaut worden. Als Ergebnis der dadurch stark sinkenden Flächenrentabilität befürchtet Eggert, dass dadurch mehr und mehr Handelsunternehmen in Schwierigkeiten geraten werden. „Die Finanzkrise hat diese Entwicklungen noch verstärkt, dazu kommt das extrem preisorientierten Denken des deutschen Durchschnittsverbrauchers“, so Eggert weiter. Dies habe zu einem scharfen „Hyperwettbewerb“ um das Geld der Verbraucher geführt. Die Folge seien Konsolidierungen im deutschen Handel. Zudem werden in Zukunft „gute“ Verkaufsflächen „schlechte“ Flächen ersetzen. Leerstände und Flächenumwandlungen würden an der Tagesordnung sein. Letztlich seien es nur drei Handelsformen, deren Marktanteil in den nächsten Jahren noch wachsen werde, nämlich: Discounter, Fachmärkte als Near-Discounter und der Distanzhandel, vor allen Dingen angetrieben durch E-Commerce und Multi-Channel-Retailing.

Der Einzelhandel in Deutschland wächst seit Jahren nicht mehr, aber die Flächen wurden exorbitant ausgedehnt.
Der Einzelhandel in Deutschland wächst seit Jahren nicht mehr, aber die Flächen wurden exorbitant ausgedehnt.

Eine Menge Veränderungen also, auf die sich der Handel dringend vorbereiten sollte. Eggert liefert mit seiner Studie dann gleich eine Menge Anregungen, wie sich der Händler organisatorisch besser aufstellen und mit welchen Themen er zukünftig beim Kunden punkten kann. Das bedeutet dann aber auch: „Bauchmanagement ist vorüber“, meint Ulrich Eggert kurz und bündig. Ohne exakte Planung und Kontrolle sowie anschließende Anpassung der Pläne oder der Maßnahmen wird zukünftig im Handel kaum noch etwas laufen werde. Das beinhaltet hohe Investitionen in die IT, denn die unternehmerischen Prozesse müssten mit E-Business-Software zusammengeführt werden, um das Controlling verbessern zu können. Und Themen wie Corporate Social Responsibility, Compliance und Corporate Governance – mit denen sich derzeit überwiegend nur Konzerne beschäftigen – werden auch für kleine Betriebe immer wichtiger, da die Verbraucher entsprechende Reaktionen des Handels in Bezug auf ein „Green Business“ erwarten.

Nur drei Betriebsformen werden in den kommenden Jahren anteilig wachsen: Discounter, Fachmärkte und der Distanzhandel.
Nur drei Betriebsformen werden in den kommenden Jahren anteilig wachsen: Discounter, Fachmärkte und der Distanzhandel.

Doch nicht nur die „Back-Office“-Funktionen bei den Händlern werden sich ändern müssen, auch das Warenangebot wird zukünftig immer öfter angepasst werden müssen, denn: „Alles, was neu ist“, argumentiert Eggert, „kommt an im Markt. Das bedeutet nicht nur ständig neue Produkte, sondern ständig neue Geschäftsprozesse, um die Kosten zu sparen, und ständig neue Geschäftsformate, um die Unternehmen in ihrer Attraktivität gegenüber dem Verbraucher nach vorne zu bringen.“ Und das kann auch – der Bereich Paper-Output macht es gerade vor – das Umschwenken von Waren auf Dienstleistungen bedeuten. Denn derzeit wächst der Markt für Dienstleistungen schneller als der Warenmarkt. Eggert: „Der Handel wird sich diesen Markt erschließen müssen, um ein rentables Wachstum auch in Zukunft erlangen zu können. Dabei handelt es sich um digitale Dienstleistungen, ortsgebundene Inhouse-Dienstleistungen, aber auch haushaltsnahe Dienstleistungen für Senioren.“ Gerade diese Zielgruppe soll für die kommenden zehn bis zwölf Jahre im Durchschnitt noch weniger von Armut befallen sein als andere Bevölkerungsschichten. Zudem sind die Kinder sind aus dem (meist abbezahlten) Haus. Senioren wünschen sich, zumal sie es sich leisten können, mehr Bequemlichkeit, und greifen damit eben gerne auf die verschiedensten Dienstleistungen zurück. Und diese umfassen dann aber mehr als nur Service und Kundendienst: Mit Dienstleistungen muss der Handel zukünftig Geld verdienen – sie dienen nicht länger nur dazu, den Kunden bei der Stange halten. Bequemlichkeit und Zeitersparnis gelten für immer mehr Verbraucher als neue Art von Luxusgütern.

Dienstleistungen werden immer wichtiger

Dazu kommt, dass den Verbrauchern der Wunsch nach Besitz immer weniger im Vordergrund (Stichwort: „Mobilität statt Auto“) steht. Für den Händler bedeutet das, dass er zu seinen Waren und Dienstleistungen auch Mietgeschäfte, Leasing, aber auch Absatzfinanzierungen und damit Finanzdienstleistungen anbieten sollte.

Eine wichtige Rolle kommen Eggerts Einschätzung nach weiterhin den Marken zu, die zu einem „Profilierungsanker“ im Wettbewerb werden sollen. Mit dem Begriff „Marke“ meint er dabei aber nicht unbedingt nur die klassischen Markenartikel der Industrie, es können auch die Handelsmarken sein. Und auch der Handel selbst kann eine Marke werden. Die „Retail Brand“ sei eine wesentliche Voraussetzung, um Filialisierung vorzunehmen, Franchiseorganisationen auszubauen und darüber hinaus im Rahmen des Multichannel auch im Internet aufzutreten, denn auch hier gehe nichts ohne Marke.

In dem Zusammenhang verweist Eggert auch auf eine spannende Entwicklung im mittleren Preissegment: Hochpreisige Marken drängen im Preisgefüge nach unten durch Unter- oder Zweitlabel. Gleichzeitig arbeiteten sich die Discounter mit Mehrwert-Handelsmarken nach oben und versuchen, die Markenartikel der Industrie in den mittleren Preislagen zu verdrängen.

Und wie kann der Händler am besten fit für die Zukunft werden? Für Ulrich Eggert keine Frage: Kooperationen und strategische Allianzen seien im Handel ohne Alternativen: „Wer nicht kooperiert, verliert. Die Kosten müssen gesenkt und die Ressourcen gebündelt werden.“ Dabei geht es nicht nur um den Einkauf, sondern um den Verkauf – um den Vertrieb. Deshalb stünden insbesondere in den Verbundgruppen des Handels immer mehr die Systembildungen im Vordergrund: Franchisesysteme, Vertikalsysteme, Verbundsysteme

seien notwendig. Insgesamt werde die Verbindung zwischen Lieferanten und Handel immer enger; der Handel bindet Industrieunternehmen stärker an sich, die Industrie steigt selbst in den Vertrieb hinein.

Ein generelles Umdenken fordert Eggert auch, was die Zusammenarbeit am eigenen Standort angeht: Solche lokalen Kooperationen können die Durchsetzungskraft vorhandener Unternehmen deutlich steigern helfen. Eggert: „Man sucht sich seinen Nachbarn – ja, wenn es sein muss, tritt man an ihn sogar interessante Flächen ab, um die Schlagkraft zu bündeln.“ Shopping Center und Airport-Shopping seien letztlich das Ergebnis dieser Strategie.

Insgesamt werden sich die Handelsunternehmen weiter professionalisieren müssen. Themen, die heute nur relevant für Konzerne zu sein scheinen, werden auch für mittlere und kleine Unternehmen relevant. Dazu zählt auch der Umgang mit den Mitarbeitern: „In allen Unternehmen, die das Kiosk-Stadium überschritten haben, betreuen die Mitarbeiter die Kunden und verkaufen die Produkte des Handels. Wer also Kundenorientierung betreiben will, muss zunächst einmal Mitarbeiterorientierung einführen“, ist Eggert überzeugt.

www.ulricheggert.de

Wie erwartet fällt die Sortimentskaufkraft in den einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedlich aus.
Wie erwartet fällt die Sortimentskaufkraft in den einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedlich aus.

Die PBS-Branche in Zahlen

Übergreifende Daten zum PBS-Markt sind bislang schwer zu finden. Die BBE Handelsberatung (München) und marketmedia24 (Köln) haben jetzt erstmals den „Markt:Monitor Papier, Bürobedarf und Schreibwaren“ veröffentlicht. Die Berechnungen der Marktdaten basieren auf Veröffentlichungen des statistischen Bundesamtes, der Verbände und Institutionen der Industrie und des Handels. Die Studie will dabei ein differenziertes Branchenbild zeichnen. Dazu wurden die 25 Teilmärkte in den fünf Marktsegmenten „Büro- und Schulbedarf“, „Schreibgeräte“, „Briefpapier- und -umschläge“, Postkarten“, „Grußkarten, Kalender, Alben/Diarien“ und „Papiere für Haushalt und Büro“ zusammengefasst und bis hinunter auf Bundesländer-Ebene untersucht. Das letztgenannte Segment mit Schreib- und Druckpapier sowie Kohle-/Durchschreibepapier war demnach in 2010 mit einem Anteil von 58,3 Prozent das mit deutlichem Abstand größte Marktsegment. Das Marktvolumen der PBS-Branche insgesamt kann sich durchaus sehen lassen: Die Autoren der Studie gehen nach Endverbraucherpreisen gerechnet von insgesamt knapp über 14 Milliarden Euro für das Jahr 2010 aus. Statistisch kaufte damit jeder Bundesbürger für 172,20 Euro Branchenprodukte, wovon anteilsmäßig sämtliche Handelsstufen profitieren.

Die Studie „Markt:Monitor Papier, Bürobedarf und Schreibwaren 2011“ ist zum Preis von 650 Euro als Download zu beziehen.
Die Studie „Markt:Monitor Papier, Bürobedarf und Schreibwaren 2011“ ist zum Preis von 650 Euro als Download zu beziehen.

Doch obwohl das Marktvolumen wieder zugenommen habe droht der Branche, die zunehmend von Global Playern beeinflusst wird, ein „low-interest“-Schicksal, befürchten die Autoren der Studie. Andererseits schwebt die Branche in prestigeträchtigen Luxusregionen. Zwei Pole, zwischen denen sich die Händler entscheiden können. Chancen böten sich vor allem für den PBS-Fachhandel, wenngleich dieser als zweitwichtigster Marktteilnehmer Jahr für Jahr Marktanteile verliere (bis auf prognostizierte 30 Prozent in 2012). Grundsätzlich seien klare Konzepte zur Differenzierung gefragt gegenüber dem Wettbewerb, aber auch gegenüber benachbarten Branchen, die es bereits jetzt sehr gut verstehen, Lustkäufe zu genereieren anstatt nur auf den Bedarfskauf zu warten. Der „Markt:Monitor „Papier, Bürobedarf und Schreibwaren 2011“ ist für 650 Euro zu beziehen unter studien@marketmedia24.de, Stichwort: PBS 2011. Außerdem ist er auch im Online-Shop (www.marktdaten24.com) als Download erhältlich.

www.bbe.de

www.marktdaten24.com

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