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Soennecken-Vorstand Dr. Benedikt Erdmann: „Mit Mut und kühlem Kopf können Händler auch diese Konsolidierung für eigenes Wachstum nutzen. Ich bin sicher, dass unsere Mitglieder da gute Voraussetzungen haben.“
Soennecken-Vorstand Dr. Benedikt Erdmann: „Mit Mut und kühlem Kopf können Händler auch diese Konsolidierung für eigenes Wachstum nutzen. Ich bin sicher, dass unsere Mitglieder da gute Voraussetzungen haben.“

Big Interview mit Benedikt Erdmann: „Für 2020 können wir nur auf Sicht fahren“

Die Corona-Pandemie zeigt ihre Wirkungen in der Bürowirtschaft. Wir sprachen am 21. April mit Soennecken-Vorstandssprecher Dr. Benedikt Erdmann über Krisen-Management, Liquidität, Hilfe für den Handel und die Entwicklung und die Planungen der Overather Händlerkooperation.

Herr Erdmann, Sie haben sich zuletzt mit renommierten Mitstreitern im Mittelstandsverbund und in der dortigen, inzwischen aufgelösten Taskforce engagiert. Heißt das, dass die Ziele für den Mittelstand komplett erreicht sind?
Unser Ziel war dafür zu sorgen, dass die seitens der Bundesregierung zugesagte Liquidität auch tatsächlich bei unseren Mitgliedern ankommt. Größtes Problem war die nicht ausreichend durchdachte Abwicklung der Hilfszahlungen. Da der Gesetzgeber recht schnell nachgebessert hat, haben wir unsere wichtigsten Forderungen durchsetzen können. Am problematischsten war, dass die Hausbanken zwischen 10 und 20 Prozent des Kreditrisikos übernehmen mussten und daher sehr sorgfältig geprüft haben, ob der Antragsteller auch kreditwürdig ist. Dieser Nachweis ist heute ja kaum zu erbringen. Stark vereinfacht gilt nun Folgendes: Die Hausbank muss nur noch auf Basis der Zahlen per Ende 2019 prüfen. Wer damals kreditwürdig war – also vor der Krise –, von dem wird angenommen, dass er überlebensfähig ist. Mit anderen Worten: Es werden nur vor der Krise überlebensfähige Unternehmen in das Programm gelassen. Und die EU hat der Erhöhung der Haftungsübernahme auf 100 Prozent von Darlehen bis zu 800.000 Euro zugestimmt. Ein großer Erfolg. Für Kredite von drei bis zehn Millionen Euro gibt es vereinfachte Risikoprüfungen. Seit April benötigt die KfW für diese Fälle im Wesentlichen nur noch die Bestätigung der Hausbank, dass das Unternehmen kapitaldienstfähig ist, eine bestimmte Jahresausfallwahrscheinlichkeit nicht übersteigt und vor Beginn der Corona-Krise keine Liquiditätsschwierigkeiten hatte. Die KfW übernimmt dann deren Risikoprüfung. Eine Plausibilisierung der Kriterien sowie die Erstellung eines KfW-eigenen Ratings entfallen.
Nach wie vor schützt sich der Bund also durch diese Regelungen davor, Unternehmen, die bereits vor der Krise keine Finanzierung mehr bekommen haben, nun „durchzuschleppen“. Das mag im Einzelfall hart sein. Für die ausschließlich durch die Corona-Krise in Not geratenen Unternehmen wird dadurch aber Vieles leichter. Und da die allermeisten Mitglieder diese Voraussetzungen erfüllen können, bin ich damit zufrieden. Zufrieden bin ich auch damit, dass wir es geschafft haben, dass die Wirtschaftsverbände mit einer Stimme, konstruktiv und mit konkreten Vorschlägen mit der Politik gesprochen haben. Die Politik hat zugehört und nachgesteuert. Das muss auch einmal ausdrücklich gelobt werden. Wir haben uns zwar nicht mit allem durchsetzen können, aber mit den wichtigsten Forderungen schon. Die Mühe hat sich gelohnt. Nun bleibt aber abzuwarten, ob das Geld auch wirklich schnell fließt. Die Förderprogramme der Länder sind mitunter deutlich pragmatischer – aber leider auch kleiner. Wir werden dranbleiben.

Wie kann Soennecken in dieser Situation helfen?
Die erfolgreiche Beantragung dieses KfW-Schnellkredits ist – wie bereits erwähnt – daran geknüpft, dass Unternehmen durch die Corona-Krise nur vorübergehend Finanzschwierigkeiten haben, jedoch strukturell gesund sind. Bei der Erfüllung dieses Nachweises können wir Mitglieder durch Teilnahme an unserem Monitoring-Programm unterstützen: Durch eine integrierte Ertrags-, Bilanz- und Finanzplanung helfen wir aufzuzeigen, wie hoch der Finanzierungsbedarf ist, wann dieser Bedarf voraussichtlich entstehen wird und legen über ein Planungstool dar, wie die Situation vor und wie die Prognose für die Zeit während und nach der Krise aussieht. Und wir haben entschieden, dass wir diese Leistung während der Krise für unsere Mitglieder kostenlos erbringen. Kombiniert mit einer schnellen Erstellung der Jahresabschlüsse, die häufig durch die Steuerberater/Wirtschaftsprüfer der Mitglieder zu leisten ist, können die Mitglieder auf der Basis dieser Unterlagen sehr schnell an Geld kommen. Aber ganz ehrlich: Die Mehrzahl unserer Mitglieder nutzt diese Möglichkeit noch nicht in dem Maße, wie wir uns das wünschen. Ansonsten haben wir operativ jede Menge besondere Leistungen, Sortimente, Shops, Beratung und viele Tipps etc. Und wenn es einmal mit einem Bankeinzug hakt, sollen uns unsere Mitglieder bitte rechtzeitig vorher anrufen. Wir versuchen dann zu helfen. Ob wir nach der vorzeitigen Ausschüttung des Jahresboni 2019 noch weitere Unterstützungsleistungen vornehmen können und müssen, werden wir im Laufe des Sommers entscheiden.

Im Krisen-Modus angekommen. Soennecken-Zentrale in Overath.
Im Krisen-Modus angekommen. Soennecken-Zentrale in Overath.

Zu Soennecken: Wie war die Entwicklung im ersten Quartal?
Gar nicht so schlecht. In Summe liegt Soennecken 0,8 Prozent über Vorjahr. Die Entwicklung ist aber sehr unterschiedlich: LogServe liegt sieben Prozent im Plus, der PBS-Umsatz im Delkredere hingegen 11,4 Prozent im Minus, wobei es sich bei der Hälfte dieses Rückgangs um Verlagerungseffekte zu LogServe handelt. Die Papeterie liegt mit minus 1,5 Prozent überraschend gut, die Büro-Technik liegt 3,5 Prozent unter Vorjahr, die Büroeinrichtung wächst um 9,6 Prozent und die Nordanex um 22,8 Prozent. Ortloff liegt 17,6 Prozent zurück – das Geschäft war ja seit dem 18. März geschlossen. Sie sehen, der Durchschnitt ist wenig aussagekräftig.

Wie beurteilen Sie die weiteren Monate ab April?
Wir gehen nach der Öffnung der Geschäfte zum 20. April davon aus, dass der Einzelhandel im April etwa nur 10 bis 20 Prozent seines Vorjahresumsatzes erreichen wird. Im PBS-Bereich und im Bereich Bürotechnik planen wir einen Rückgang um 50 Prozent im April, 40 Prozent im Mai und 20 Prozent im Juni. In der Büroeinrichtung planen wir optimistischer. Aber jede Planung ist wie ein Blick in die Glaskugel: Es ist praktisch unkalkulierbar, wie die Pandemie verläuft, welche Maßnahmen der Staat ergreifen wird und wie die konjunkturelle Entwicklung verlaufen wird, wenn wir einmal die Krise überwunden haben werden. Gedanken machen wir uns deshalb auch um 2021. Wie hoch ist der dauerhafte und strukturelle Rückgang unserer Branche? Um es ganz platt zu sagen: Alle, die gerade lernen, sich digital zu organisieren, werden dauerhaft weniger Ordner kaufen. Gleiches gilt für das Druckvolumen. Welche Verschiebung gibt es Richtung online? Wie hoch wird die Investitionsbereitschaft in Büroeinrichtungen sein? Für 2020 können wir ja nur „auf Sicht“ fahren. Für 2021 müssen wir aber schon planen. Wenn es – wie ich vermute – langfristige Veränderungen gibt, müssen wir dem auch mit langfristig angelegten Maßnahmen begegnen – auf der Ertrags- und der Kostenseite.

Gut ausgelastet: Logistikzentrum von Soennecken
Gut ausgelastet: Logistikzentrum von Soennecken

Neben Liquidität geht es in den kommenden Monaten ganz entscheidend auch um Rentabilität. Wie ist Soennecken da aufgestellt?
Wir sind mitten in einer neuen Prognoserechnung. Die alte Planung ist ja hinfällig. Aber es ist klar, dass Soennecken die ursprünglich in Aussicht gestellte Ausschüttung in dieser Höhe nicht wird leisten können. Wir werden unsere Mitglieder informieren, sobald wir etwas klarer sehen. Um die Ergebnisse für 2020 zu stabilisieren, haben wir das gemacht, was zurzeit wohl alle tun: Kurzarbeit und drastische Kostensenkung. Wir gehen mit dem Thema Kurzarbeit aber sehr differenziert um. Wir haben entschieden, nicht die maximal mögliche Kurzarbeit zur Optimierung des Jahresergebnisses 2020 einzuführen; wir haben uns vielmehr vorgenommen, die Servicebereitschaft für die Mitglieder auch in der Krise hochzuhalten und diese Monate zu nutzen, um uns auf die Zeit danach vorzubereiten. Wir halten es nicht für richtig, nun so stark auf die Bremse zu treten, dass wir unsere Mitglieder alleine lassen und nach der Krise nicht schnell handlungsfähig sind. Wir wissen, das kostet aktuell Geld, aber eine Krise bietet auch Chancen – und die wollen wir mit und für unsere Mitglieder nutzen.

Die Anforderungen im Büro ändern sich gerade, vom verstärkten Home-Office-Einsatz bis zu den neuen Veränderungen der Arbeitsschutz-Verordnung, massiv. Eine Chance für Soennecken und die Mitglieder?
Das sehen wir ja heute bereits. Es ist bemerkenswert, wie schnell der Handel auf neue Sortimente setzt und damit Erfolg hat. Auch unsere Lieferanten sind erfreulich kreativ und schnell in der Umsetzung. Und bei LogServe gelingt es uns immer wieder, gute und neue Produkte zu finden. Neben den Themen Lebensmittel und Technik gehörten das Thema Hygiene und Arbeitsschutz schon weit vor der Krise zu den Sortimentsschwerpunkten von LogServe, die wir in den letzten Jahren massiv verstärkt haben. Generell werden wir einen Digitalisierungsschub im Büroalltag unserer Kunden und in deren Bestellverhalten erleben. Das dürfte allen klar sein. Die Entwicklung ist nicht neu, findet aber nun beschleunigt statt. Das kann für alle eine Chance sein, die auch 2020 in der Lage sind zu investieren und die Möglichkeiten nutzen. Klar ist: Wir brauchen neue Umsatzträger für einen langfristig veränderten Markt. Das sollten wir jetzt anschieben, auch wenn es schwerfällt in diesen Tagen. Daran arbeiten wir auch bereits mit unseren Mitgliedern. Das klappt ganz gut, wobei die Bewältigung der aktuellen Situation natürlich im Vordergrund steht. Und ich bin überzeugt: Marktanteile gewinnt man in schlechten Zeiten. Nicht alle werden gut durch diese Zeit kommen, manche werden „schwächeln“. Mit Mut und kühlem Kopf können Händler auch diese Konsolidierung für eigenes Wachstum nutzen. Ich bin sicher, dass unsere Mitglieder da gute Voraussetzungen haben.

www.soennecken.de 

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