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Blick in die Zukunft

Die Deutsche Post DHL hat zwei Forschungsinstitute mit einem Blick in die Handelszukunft beauftragt. So wie der Auftraggeber die Chancen des wachsenden Onlinehandels nutzen will, so bieten sich auch für den Bürofachhandel interessante Ansätze zur strategischen Entwicklung.

Bild: thinkstock 135757203
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In einer umfassenden Studie hat die Deutsche Post DHL Szenarien für den Handel der Zukunft entwickeln lassen. So unterschiedlich die zugrunde liegenden Annahmen auch sein mögen – eines scheint sicher: Der Einzelhandel wird kaum wiederzuerkennen sein, der Online-Handel wird ihn weiter verändern. Während heute der E-Commerce acht Prozent des gesamten Handelsvolumens in Europa ausmacht, könnte dieser Anteil bis 2025 in Westeuropa auf bis zu 40 Prozent klettern, so die Szenarien, die in der Studie „Global E-Tailing 2025“ beschrieben werden. Die Logistik werde dabei noch stärker als heute die Rolle des „Enablers“ übernehmen, erklärt Jürgen Gerdes, Mitglied des Konzernvorstands bei der Deutschen Post DHL: Zustellzeiten im Expressversand würden künftig standardmäßig unter 24 Stunden betragen und sogar in Minuten gemessen, es werde flexible Annahme- und Retourenzeiten geben.

Dem Einzelhandel sagen die Autoren – unter anderem das Trendforschungsinstitut Z_punkt und See More sowie Fachleute aus Handel, Logistik und Forschung – deutliche Veränderungen ihrer „Funktion“ voraus: Nach Szenario 1 beispielsweise, welches von moderatem Wachstum in den Industrieländern ausgeht, muss sich der erfolgreiche Händler künftig vor allem als Problemlöser für seine Kunden verstehen. Seine Kunden zu kennen, möglichst viele Daten von ihnen zu haben und sie intelligent zu verknüpfen, bietet dabei Wettbewerbsvorteile, weil auf diese Weise personalisiert Kommunikation mit den Kunden möglich wird – mit der richtigen Ansprache zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Autoren schreiben: „Nur wer den Kunden dauerhaft mit präzisen und nutzwertigen Kaufvorschlägen überzeugt, hat die Chance, ihn mit einem Abo-Modell oder Rahmenvertrag länger zu binden. Irrelevante Werbung oder gar Werbespam werden vom Kunden gnadenlos abgestraft.“

Die Studie stellt die Zukunft des weltweiten E-Tailings aber nicht nur innerhalb positiver Rahmenbedingungen dar, sondern skizziert auch die Entwicklung in einem kritischeren gesellschaftlichen Umfeld. So beschreibt zum Beispiel Szenario vier, wie sich der weltweite Konsum entwickelt, wenn die globale Konjunktur unter weiteren Finanzkrisen leidet und Energie- und Rohstoffpreise exponentiell steigen. In einem solchen Umfeld könnten sich unter den Konsumenten statt der „Alles-Neu“- in Zukunft eine „Do-it-Yourself“-Mentalität und Tauschkultur herausbilden.

Allen Szenarien und Beiträgen gemeinsam ist die Schlussfolgerung: Der elektronische Handel wird – entweder auf globalem Niveau oder national und regional begrenzt – an Intensität noch einmal deutlich zunehmen. Jürgen Gerdes: „Wir wissen zwar nicht, wie die Welt 2025 konkret aussehen wird, aber die unterschiedlichen Szenarien der Studie zeigen, wie rasant sich die Welt des globalen Handels, ob online oder offline, weiterentwickeln wird – und wie sehr die Logistik im Zentrum dieser Veränderungsprozesse steht.“

www.dpdhl.de/e-tailing

Szenario 1

Handel punktet mit Bequemlichkeit

geht davon aus, dass stationärer Handel und E-Commerce verschmolzen sind, der Handel spricht die Kunden über sämtliche Kanäle an. In den Städten sind vor allem Showrooms mit vielfältigen Lieferoptionen zu finden, die Kunden nutzen flexible, roll- und faltbare Displays. Einkäufe sind jederzeit und überall möglich und die Ware wird zeitnah an jeden gewünschten Ort geliefert.

Erfolgreiche Handelsunternehmen verstehen sich als Problemlöser für ihre Kunden. Seine Kunden zu kennen, ist der erfolgsentscheidende Faktor. Wer möglichst viele Daten von seinen Kunden hat und sie intelligent verknüpfen kann, ist im Vorteil: Mit personalisierter Kommunikation zum Kunden, zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Nur wer den Kunden auf diese Weise dauerhaft und mit präzisen und nutzwertigen Kaufvorschlägen überzeugt, hat die Chance, ihn mit einem Abo-Modell oder Rahmenvertrag länger zu binden – irrelevante Werbung oder gar Werbespam werden vom Kunden gnadenlos abgestraft.

Die großen Online-Retailer verfügen nach Ansicht der Autoren über technisch hoch entwickelte Webseiten mit Tracking- und Individualisierungsfunktionen. Die Seiten sind zumeist für Tablets und Smartphones mit variablen Bildschirmgrößen optimiert. Jene Händler, die ihren Kunden alles aus einer Hand anbieten können, sind im Vorteil. Die konkreten und individuellen Wünsche des Kunden stehen im Vordergrund – nicht Quantität und Breite des Gesamtsortiments sondern die Zielgenauigkeit der Angebote für den Kunden, sind das Ziel der erfolgreichen Händler.

Szenario 2

Handel wird Experte der Community

Die Technologie hat sich sukzessive weiterentwickelt und die Menschen nutzen intensiv die Möglichkeiten der Vernetzung. Datenbrillen mit Foto- und Videofunktionen haben große Verbreitung gefunden. Händler sind nach Ansicht der Zukunfsforscher in diesem Umfeld vor allem dann erfolgreich, wenn sie sich selbst breit vernetzen und als Teil einer Community verstehen. Dort sind sie dann die Experten für die aktuellen Themen ihrer Gemeinschaft. Gleichzeitig sind sie sich im Klaren darüber, dass auch die Kunden sich auskennen und ein Wissensvorsprung ihnen gegenüber nicht immer möglich ist.

Der Onlinehandel hat seinen Anteil am Gesamthandel deutlich ausgebaut. Die großen Handelsplattformen profitieren dabei von einer insgesamt weiter steigenden Nachfrage und dem wirtschaftlich positiven Umfeld. Mit einem umfassenden Sortiment sprechen sie die breite Masse der Konsumenten an und decken zudem die preisrelevanten Low-involvement-Produktkategorien ab.

Händler verstehen sich darüber hinaus als Plattform, die die Kommunikation der Szene-Mitglieder untereinander ermöglicht. Sie setzen Themen, organisieren beispielsweise Events vor Ort. Online und Offline ergänzen sich im Handel. Der stationäre Shop ist mehr als nur „Showroom“, er wird zugleich „Trial Area“, „Workshop“ und „Event Loation“. Displays in den Stores ebenso wie der Webauftritt sind Schnittstelle zu Experten, Szene-Mitgliedern und Stores in aller Welt.

Szenario 3

Handel nutzt IT-Fortschritte

Die Informationstechnik hat sich rasant weiterentwickelt, die Welt im Jahr 2025 ist geprägt von einer „digitalen Hochkultur“, die unter anderem durch fortschreitende Automatisierung sowie durch Vernetzung von Straßen, Häusern, Autos, Heizungen geprägt ist. Menschen nutzen für ihre Einkäufe Avatare, also virtuelle Berater in Tablets, Datenbrillen und smarten Kontaktlinsen, die ihnen beim Kauf assistieren, so beschreiben die Zukunftsforscher der Studie das Szenario 3. Neben detaillierten Kundenprofilen – erstellt aus der Verknüpfung und Auswertung aller im Cyberspace zurückgelassenen Datenspuren – speist sich die Datenbasis für diese Dienste sogar aus der Erfassung aktueller Stimmungen und Interessen der Kunden mittels intelligenter Sensorik. Webshops passen ihre Angebote in Echtzeit an die Kundenprofile an. Die Avatare bündeln und präsentieren interessante Produkte in „Personal-Shopping-Hubs“.

Den Kunden genau zu kennen, ist für Händler der kritische Erfolgsfaktor geworden. Die Fähigkeit, möglichst viele Daten über Kunden zu sammeln, zu analysieren und auch treffsicher zu interpretieren, ermöglicht ausgefeiltes „Predictive Purchasing“ (Kunde erhält Produktvorschläge, die genau zu seinem Profil und zu seinen bislang getätigten Käufen passen). Die klassische Kundenansprache, bei der Menschen im Zentrum stehen, hat an Bedeutung verloren. Erfolgreiche Händler konzentrieren sich vielmehr darauf, offene Schnittstellen zu den verschiedenen Apps und Avataren zu schaffen. Die Avatare sind zum wichtigsten Vertriebsweg des Handels geworden.

Szenario 4

Handelskreisläufe werden regionaler

In diesem Szenario gehen die Forscher von enorm gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten und einer stagnierenden Weltwirtschaft aus. In der Folge einer zweiten Wirtschafts- und Finanzkrise haben regionales Recycling, Nachhaltigkeit sowie Leasing- und Tauschmodelle an Bedeutung gewonnen – neue Produkte werden hingegen seltener verkauft. Der Handel muss umdenken – es entstehen einerseits regionale Player, die sich auf das Leasing konzentrieren und es gibt andererseits viele kleine Händler, die lokale Tauschgemeinschaften organisieren.

Bei den Kunden sind langlebige und robuste Güter besonders gefragt. Einkäufer und Verbraucher achten stärker als bislang auf den „ökologischen Fußabdruck“ von Produkten sowie auf das soziale Engagement von Händlern. Das Informationsbedürfnis der Kunden ist stark ausgeprägt. Die lokalen Händler und regionalen Handelsplattformen werden Auskunft über die Verfügbarkeiten von Produkten, über Funktionalitäten und Kosten geben – und zwar über den gesamten Lebenszyklus. Die neue Transparenz hilft bei der Entscheidung, ob gekauft, geleast oder geliehen wird. Gerade die erfolgreichen Handelsplattformen, schreiben die Autoren der Studie weiter, weisen für ihre Angebote Nachhaltigkeitsanalysen aus, die Umwelt- und soziale Gesichtspunkte der Produkte transparent machen. Die Verschmelzung zwischen Online- und stationärem Handel hat hingegen kaum stattgefunden.

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