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Distribution vor neuen Herausforderungen

Die IT-Distribution ist im Wandel, dies zeigen nicht nur die Insolvenzen von b.com, Devil und COS. Die veränderten Anforderungen werden auch durch Aktivitäten von Broadline- und Spezialdistribution, wo man sich intensiv mit neuen Geschäftsstrategien beschäftigt, deutlich.

Foto: Thinkstock, 162815624
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„Wir verstehen uns als Marktaufbereiter und Enabler für unsere Systemhaus- und Fachhandelspartner“, sagt Reiner Schwitzki, Sprecher der Geschäftsführung bei Also Deutschland.
„Wir verstehen uns als Marktaufbereiter und Enabler für unsere Systemhaus- und Fachhandelspartner“, sagt Reiner Schwitzki, Sprecher der Geschäftsführung bei Also Deutschland.

„Immer lauter wird die Aufforderung vom Fachhandel, die heißt: Helft mir, neues Geschäft zu machen“, beschreibt Reiner Schwitzki, Sprecher der Geschäftsführung von Also Deutschland, die aktuelle Situation. Im Rahmen der „MORE-Strategie“ (MORE steht für Maintain, Optimize, Reinvent, Enhance) sei man beim Thema „Reinvent“ dabei, neben der Sicherung und Optimierung des eigentlichen Kerngeschäfts, der Logistikexpertise, das Lösungs- und Serviceportfolio an den Bedürfnissen des Marktes auszurichten. „Wir sehen die Aufgabe von Also darin, den Channel mit Fachkompetenz, Lösungen und Ressourcen zu unterstützen, auch in neuen Geschäftsfeldern und in sämtlichen dazugehörigen Ausprägungen.“ Beispiele dafür seien die Services rund um die Themen Printmanagement oder Rollout für PC-Arbeitsplätze, die Also im Namen des Händlers erbringe. Daneben treibe der Distributor aber auch die Themen Cloud, Digital Signage und Smart Home voran, um Partnern den Einstieg in diese Geschäftsfelder zu ermöglichen. Andere Themen seien die „Elektronische Software Distribution“ (ESD), die Mitte Juni in den Also-Online-Shop integriert wurde und Händler in die Lage versetzt, Software digital zu vertreiben, sowie in Kürze verfügbare Mobile-Device-Management-Lösungen, die man zurzeit als Pilotprojekt mit Partnern teste. „Wir verstehen uns als Marktaufbereiter und Enabler für unsere Systemhaus- und Fachhandelspartner und investieren kräftig darin. Das ist unsere Marschrichtung, um auch in Zukunft unseren Erfolg zu sichern“, sagt Schwitzki.

„Wenn es im Guinness-Buch der Rekorde eine Notierung für die schnellste Auferstehung aus der Insolvenz gäbe, so müssten wir einen Spitzenplatz belegen“, scherzt COSGeschäftsführer Werner Dao.
„Wenn es im Guinness-Buch der Rekorde eine Notierung für die schnellste Auferstehung aus der Insolvenz gäbe, so müssten wir einen Spitzenplatz belegen“, scherzt COSGeschäftsführer Werner Dao.

Die Konsolidierung geht weiter

Wie wichtig eine auf die Marktveränderungen ausgerichtete Strategie ist, zeigen nicht zuletzt die Insolvenzen von Devil, COS und b.com. Auch wenn die Gründe für die Zahlungsunfähigkeit verschieden sind und sowohl COS als auch b.com bereits nach kurzer Zeit wieder am Markt aktiv waren, machen sie deutlich, dass Kernaufgaben wie ein an Produkt- und Kundensegmente angepasstes Angebot, eine leistungsstarke Logistik mit reibungslosen Prozessen sowie eine solide Kapitalbasis nur die Grundvoraussetzung sind, um im umkämpften Distributionsmarkt zu bestehen.

Mit den Insolvenzen habe die vielbeschworene Bereinigung der Distribution vorläufig ihren traurigen Höhepunkt erreicht, glaubt Werner Dao, seit März Geschäftsführer bei COS. Gründe für die Situation sieht der Manager vor allem in einer Überdistribution. „Hier müssen sich einige Hersteller die Frage stellen, wie viele Distributoren sie wirklich brauchen, um ihre Produkte nachhaltig auf dem Markt zu platzieren.“ Dass der Konsolidierungsprozess schon ein Ende gefunden hat, glaubt Dao jedoch nicht. „Übrig bleiben werden die Distributoren, die nah am Kunden, schnell, flexibel und vor allem finanzstark sind.“

Der Distributor als Marktbereiter: Um in neue Geschäftsfelder hineinzuwachsen, unterstützt Also seine Partner mit zahlreichen Services.
Der Distributor als Marktbereiter: Um in neue Geschäftsfelder hineinzuwachsen, unterstützt Also seine Partner mit zahlreichen Services.

„Schnellste Auferstehung aus der Insolvenz“

COS ging am 1. Juli nach einer Pause von rund zehn Wochen als eigenständige Firma wieder an den Start. Sechs Wochen habe die Suche nach einem Investor gedauert, bis die Entscheidung pro api – für COS-Chef Favorit der ersten Stunde – fiel. Nach weiteren drei Wochen war der Pohlheimer Distributor wieder lieferfähig. COS greift dabei auf Ressourcen in Einkauf, Buchhaltung, Logistik und Finanzierung der in Aachen ansässigen api zurück. „Wenn es im Guinness-Buch der Rekorde eine Notierung für die schnellste Auferstehung aus der Insolvenz gäbe, so müssten wir einen Spitzenplatz belegen“, scherzt Dao. Gemeinsam mit dem ehemaligen COS-Einkaufsleiter Christoph Runge, der sich auch als Api-Niederlassungsleiter für Linden und Paderborn seiner alten Wirkungsstätte noch verbunden fühlt, verantwortet Dao künftig die Geschäfte.

COS blicke auf eine über 20-jährige Geschichte zurück, erzählt Dao, der die Kernkompetenz des Pohlheimer Grossisten in der starken Verankerung im SMB-Handel sieht. „Kunden finden bei uns einen dedizierten Ansprechpartner, mit dem sie ihre Projekte bis ins Detail besprechen können.“ Unterstützt werden diese durch ein Kompetenzteam im Hintergrund. Unter dem Motto „one face to the customer“ sollen Partner so über die gewohnten Ansprechpartner auf zahlreiche Service- und Supportleistungen, von der Projektrealisation, Vorbestellungen und Finanzierung bis hin zu kompletten Lösungsansätzen, zugreifen können.

Damit „sind wir mehr denn je in der Lage, Kunden hersteller­über­greifende Lösungsansätze mit vielen Cross-Selling-Optionen zu bieten“, betont der COS-Chef. Durch die Kompetenzen und die abgestimmte Fachhandelsstruktur positioniere sich COS als Partner für den Fachhandel und biete – unter dem Dach der api flexibler und schlagkräftiger als zuvor – eine echte Alternative für viele Wiederverkäufer. Hier will sich Dao nicht nur auf die Synergieeffekte mit api, das erweiterte Porfolio und die Bonität des Konzerns verlassen, sondern setzt auf die Schnelligkeit und Flexibilität eines mittelständischen Unternehmens und die Fähigkeit Kundenbedürfnisse zu verstehen und zu bedienen. „Durch eine schnelle Anpassung an Marktveränderungen und die enge Kundenbindung kann COS sich schnell hervorheben“, ist er sicher. Ob diese Maßnahmen reichen, das Unternehmen nachhaltig auf die Erfolgsspur zurückzubringen, müssen und werden die Kunden entscheiden.

www.cosag.de

www.devil.de

Torsten Schnutz, Despec, Meerbusch
Torsten Schnutz, Despec, Meerbusch

„Wachsen um jeden Preis führt nicht zum Erfolg“

Kurze Produktzyklen, Margendruck und steigende Komplexität verändern die Distributionslandschaft. Doch wie wirken sich die Insolvenzen auf den Markt aus und in welche Richtung muss sich die Distribution entwickeln, um zukunftsfähig zu sein?

„Insolvenzen sind keine neuen Erscheinungen. Wir versuchen deshalb das Risiko auf Kundenseite gering zu halten und liefern nur bei ausreichender Kreditversicherung und innerhalb des Rahmens Waren. Wie es zu den Insolvenzen gekommen ist, kann man nur vermuten. Häufig hängt es aber mit dem irren Wettbewerb und dem Streben nach Umsatz zusammen, wobei die Handelsmargen auf der Strecke bleiben. Wir sollten uns nichts vormachen, der IT-Markt wächst nicht. Neue Technologien und eine schlechte wirtschaftliche Lage, senken die Anschaffungsneigung. Doch auch Wachsen um jeden Preis führt nicht zum Erfolg. Sicher wird es auch weiter eine Bereinigung in der Distribution geben. Jedes Unternehmen tut gut daran, sich früh um neue Märkte und Sortimente aber auch die eigene Kostenstruktur zu kümmern, um keine böse Überraschung erleben zu müssen.“

www.despec.de

Hans Jürgen Schneider, dexxIT, Würzburg
Hans Jürgen Schneider, dexxIT, Würzburg

„Seit Jahren wird diskutiert, wie viel Distribution nötig ist und im Europavergleich wirkt Deutschland auf den ersten Blick überdistribuiert. Doch der Schein trügt. In keinem anderen Land gibt es eine so atomisierte Handelslandschaft. Dies verlangt eine größere Anzahl an Distributoren mit Spezialangeboten und regionaler Ausrichtung. Auch ist in der Distribution nichts von Dauer. Hier werden ganze Warengruppen ausgetauscht und auch der Wandel der Vertriebswege, etwa von direkt auf indirekt, hat massive Auswirkungen. Da muss jeder Angebot und Nachfrage im Auge behalten, um erfolgreich zu sein. Für alle Distributoren gilt: Alle Impulse gehen von der Ware aus. Ohne die richtigen Produkte bleiben die Kunden aus. Nur wer sein Angebot ständig den Marktanforderungen anpasst und neue Produkt- und Kundensegmente erschließt, kann erfolgreich am Markt bestehen.“

www.dexxit.de

Volker Mitlacher, Systeam, Ebensfeld
Volker Mitlacher, Systeam, Ebensfeld

„Die Signalwirkung der Insolvenzen wird überbewertet. So bedauerlich eine Insolvenz ist, so ist sie eine normale marktwirtschaftliche Erscheinung. Nicht wettbewerbsfähige Unternehmen scheiden aus dem Markt aus. Da sind auch Faktoren wie Alter und die Größe irrelevant. Mit der drohenden Insolvenz beim Automobilhersteller General Motors wurde unter übermäßigem Zeitdruck eine Strukturdebatte im Automotive-Bereich ausgelöst. Heute redet niemand mehr davon. Die Lücke, die KarstadtQuelle hinterlassen hat, wurde geschlossen. Und auch der Niedergang von „Home of Hardware“ war nicht das Ende des Online-Handels. Systeam ist krisenfest aufgestellt. Durch eine starke Eigenkapitalbasis können wir solide wachsen und überstehen auch Marktschwächen. Für uns zählt nicht der Umsatz, wir fokussieren uns auf unsere Stärken. Den Markt bestimmt schließlich nicht der Distributor, sondern der Händler. Der Distributor muss lediglich folgen.“

www.systeam.biz

Gerhard Schulz, Ingram Micro, Dornach bei München
Gerhard Schulz, Ingram Micro, Dornach bei München

„Der Markt konsolidiert sich. Dabei wird deutlich, wie wichtig es ist, auch in den Wachstumssegmenten der Spezialdistribution bereits heute präsent zu sein und neue Kunden- und Produktsegmente anzugehen. Wir haben uns mit unserer Volume, Value und Verticals-Strategie (VVV) gut aufgestellt, und haben auf Basis des starken Volume-Geschäfts früh in den Value- und Verticals-Bereiche investiert – mit dem Ziel, neue Reseller-Segmente zu adressieren oder intensivieren. Dort wo das Zusammenspiel von Hardware mit Software zählt, setzen wir auf die Ausweitung von Services. Wir gehen den Weg der Diversifizierung konsequent weiter. Zudem haben wir als Geschäftsleitung eine umfangreiche interne Neuorganisation erarbeitet: Ingram Micro stellt sich ab August 2013 auch intern konsequent nach der VVV-Strategie auf.“

www.ingrammicro.de

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